Projekt: Mame Sy's Kinderhort (Mauretanien)
Zwei starke Frauen gegen die Armut
Ihre gerade, stolze Haltung, das tiefschwarze Haar unter einem eleganten Tuch in warmen Rottönen zum Knoten gebunden, die tiefe Stimme dieser großen Afrikanerin – wir sind sprachlos beim ersten Anblick von Mame Sy. Und zutiefst gerührt, als wir sie mehr und mehr kennenlernen.
Auf unserem oasenartigen Campingplatz Bab Sahara lernen wir Susanne kennen. Susanne ist 81 Jahre alt, kommt aus Regensburg und ist ein Mensch, dem die Sonne aus dem Herzen scheint. Niemals, in keinem Moment, hat sie nicht ein friedliches Lächeln im Gesicht. Trotz einer kaputten Hüfte, die sehr schmerzt, spaziert sie hier über den Platz und interessiert sich für alle und jeden.
Sie ist das zigste Mal in Mauretanien. Ein Land, an das sie scheinbar ihr Herz verloren hat. An das Land und an seine Menschen. Vor allem an Mame Sy.
Als Susanne Mame Sy kennenlernt, ist sie ebenfalls so fasziniert von dieser Frau wie ich. Dieser Frau, deren soziales Engagement für die Ärmsten dieser Gegend scheinbar keine Grenzen kennt.
Hier aufgewachsen, kümmert Mame Sy sich täglich um diejenigen, die sich nicht mehr selbst versorgen können. Viele Frauen werden von ihren Männer verlassen. Die Männer heiraten neu, sie und die Kindern bleiben allein zurück. Die Lebenshaltungskosten – nicht bezahlbar. In einem Land, das fast nichts anbaut, ist alles Importware. Und die kostet. Mame Sy versorgt in einem Zentrum jeden Morgen unterernährte Kinder und ihre Mütter, nachmittags gibt sie Nachhilfeunterricht im Armutsviertel der Stadt und abends geht sie zurück in ihre 7-köpfige Familie und versorgt diese. Ihre eigenen Kinder sind bis auf den 14-jährigen Amadou bereits aus dem Haus. Dafür leben die Kinder ihrer Schwestern bei ihr oder irgendwelcher Verwandten. Jeder hilft hier in Afrika eben jedem.
Ihr Traum war es immer, nachhaltiger zu helfen, sagt sie. Zusammen mit Susanne hat sie diesen Traum wahr gemacht. Sie haben den Kinderhort “La porte de l´espoir” gegründet. Susanne kümmert sich in Deutschland um Spenden, Mame Sy sowie mittlerweile zwei weitere Lehrer unterrichten 50 Kinder jeden Nachmittag in Mathe, Französisch und Naturwissenschaften. Am Ende des Unterrichts gibt es eine Mahlzeit. Für die meisten der Kinder die einzige Mahlzeit am Tag. Ihr Ziel ist es, mit der Nachhilfe die Lücken des eher kläglichen Lernprogramms der staatlichen Schule auszugleichen. Den Kindern zu helfen, die Aufnahmeprüfung auf eine weiterführende Schule zu schaffen. Und das mit Erfolg.
Wir sind begeistert von diesen zwei Frauen, deren guter Seele, Power und Entschlossenheit so vielen Kindern und ihren Müttern Hoffnung auf eine Zukunft schenkt.
Um auch einen kleinen Beitrag zu leisten, haben wir einen Nachmittag am Schulunterricht teilgenommen. Das Resultat seht ihr in dem kleinen Film am Ende des Artikels. Wir freuen uns, wenn ihr euch Zeit nehmt, die Menschen hier kennenzulernen, euch von ihrem Feuer anstecken zu lassen und vielleicht bekommt ihr einen kleinen Eindruck davon, wie beeindruckend es für uns ist, so starke Frauen bei ihrer Arbeit erleben zu dürfen.
Als wir das erste Mal das Schulgebäude betreten ist Sonntag. Die Kinder haben frei. Doch sie haben uns entdeckt und plötzlich spazieren wir mit knapp 30 Kindern in die Schule, die Mame Sy für uns aufgeschlossen hat. Es wird ein riesen Fest daraus.
Die Kinder freuen sich über unseren Besuch und unsere Interesse so sehr, dass sie kaum einzukriegen sind. Alle wollen mit uns tanzen, singen, Sachen von uns lernen. Saugen Fingerspiele, kleine Zaubertricks und Tanzschritte so wie Indianergebrüll auf, als wäre es das Wissen der Welt. Auch die schüchternsten kleinen Mädchen tauen auf und lachen, tanzen und freuen sich mit uns. Nach einigen Stunden Spielerei gehen wir fix und alle und so seelig wie selten heim. Vor der Schule werde ich von jedem einzelnen Kind so fest wie nie zuvor gedrückt und geherzt und im Chor rufen sie merci, merci, merci. Danke, danke, danke!
Dabei kann hier niemand dankbarer sein als wir, für dieses unfassbare Geschenk der Freude und Ausgelassenheit, für diesen Empfang, diese Gastfreundschaft und diese offenen Herzen.
Ob wir wieder kommen fragen sie. Was für eine Frage, am liebsten von jetzt an jeden Tag!