Warum macht ein Journalist Crowdfunding?
Auf Twitter haben einige mir das Recht abgesprochen, per Crowdfunding eine Recherche zur AfD und Wikipedia durchzuführen. Ein Twitterer twitterte, die Recherche bedürfe keiner besonderen Finanzierung. Ein anderer, der vielen AfD-Accounts folgt und sich selbst als „Patriot“ und „kein Gutmensch“ bezeichnet, nannte mich: „Schnorrer“.
Über das, was ich bereits im Pitch geschrieben habe hinaus, möchte ich deshalb gerne einige Dinge ergänzen und erläutern. Zunächst: Dass Journalisten Crowdfunding machen, ist absolut normal und auch völlig legitim.
Zweitens: Die geplanten Recherchen durchzuführen, ist viel Arbeit. Das finden offenbar auch andere. Ein Account twitterte: „Dass jemand für zu leistende & geleistete Arbeit um Entlohnung bittet, finde ich nicht lächerlich“. Konkret beinhaltet die Arbeit folgendes: Hunderte sogenannte Diff-Links bestimmter Wikipedia-Accounts, die Jahre zurückgehen, durchklicken, einzelne Wikipedia-Einträge und -Accounts analysieren, Recherchen zu den in Wikipedia vorgenommenen Änderungen durchführen, Wikipedia-Autoren kontaktieren, bei der AfD recherchieren, Werbung für den Crowdfunding-Pitch machen und vieles mehr.
Das alles kann ich nicht umsonst machen, weil ich mit Journalismus meinen Lebensunterhalt bestreite. Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Arbeitslohn, auch ein freier Journalist. Journalismus ist auch kein Hobby und auch keine Liebhaberei.
Als freier Journalist kann ich eine Recherche komplett auf eigenes Risiko durchführen und am Ende an ein Medium verkaufen. Oder ich werde zu Beginn von einem Medium beauftragt. Oder man besitzt das Geld vorher schon. Kaum ein Medium gibt in den heutigen Zeiten einem freien Journalisten 1.250 Euro in die Hand und sagt: „Schau mal, was herauskommt.“ Eher stellen Medien ihre Zusammenarbeit mit freien Journalisten zurzeit ganz ein, wie zum Beispiel kürzlich eine große deutsche Nachrichtenwebseite. Kein freier Journalist geht aber hin und führt eine Riesen-Recherche mal eben so ohne die Aussicht darauf, die entstandenen Kosten am Ende auch decken zu können, durch.
Üblicherweise zahlen Verleger Honorare und holen sich das Geld dann von ihren Lesern zurück. Dass muss aber nicht so sein. Auch ein ganz normaler Bürger kann dank Crowdfunding mit seiner Unterstützung eine journalistische Recherche mitfinanzieren. Gerade das ist ja das Tolle an Crowdfunding. Bei einer Recherche wie dieser muss irgendwer den ersten Euro finanzieren – ob das ein Verleger oder die Crowd ist, ist dabei nicht entscheidend.
„Packers Fanboy“ twitterte außerdem, bei meinem Crowdfunding-Pitch werde „doppelt abkassiert, von Lesern und Verlegern“. Dazu ist folgendes zu sagen: Habe ich durch die spätere Veröffentlichung weitere Einnahmen, führt dies nicht dazu, dass ich für die gleiche Arbeit plötzlich mehr Geld erhalte und meinen Gewinn erhöhe, sondern die Recherche kann in diesem Fall noch größer ausfallen und ich kann entsprechend ausführlicher und länger recherchieren. Das gilt übrigens auch für den Fall, dass mehr als die Finanzierungssumme von 1.250 Euro zusammenkommt.