Für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist es für viele Menschen mit Beeinträchtigung notwendig, dass eine Assistenz sie unterstützt und die behinderungsspezifischen Beeinträchtigungen ausgleichen kann. Für Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen ist es kaum möglich, eine solche Assistenz genehmigt zu bekommen. Darin sehen wir eine strukturelle Diskriminierung.
Das aktuelle Rechtsverständnis benachteiligt Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen – leider auch gegenüber Menschen mit körperlichen Behinderungen. Und dies, obwohl das Sozialrecht, insbesondere aber die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, allen Menschen mit Behinderung dieselben Rechte zusichert.
Edwin ist stolz darauf, sich eine feste Stelle als Theaterkoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erarbeitet zu haben. Er kocht für das Theaterteam, macht Catering bei Veranstaltungen im Theater, steht als Schauspieler auf der Bühne und arbeitet im Leitungsteam für Theaterprojekte.
Für seine Arbeit benötigt er Unterstützung durch eine Arbeitsassistenz. Die zuständige Behörde hat den Antrag auf Kostenübernahme der Assistenz nicht bewilligt.
Begründet wurde dies damit, dass Edwin nicht die Kernkompetenz für seine Arbeit erfülle und somit nicht in der Lage sei, seine Assistenz anzuleiten, sondern von seiner Assistenz angeleitet würde. Diese Auslegung des Sozialgesetzbuches geschieht auf Grundlage der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH). Darin werden die Vorgaben für die Genehmigung einer Arbeitsassistenz für Menschen einer körperlichen Beeinträchtigung aufgeführt. Diese werden in der Rechtsprechung auch auf Menschen mit kognitiver oder psychischer Beeinträchtigung angewandt – ohne der Situation dieser Menschen Rechnung zu tragen.
Edwin und seine Familie haben sich daher entschieden, vor Gericht zu gehen. Sie wollen eine grundlegende Klärung der Rechtsfrage zum Anspruch auf Arbeitsassistenz und damit einhergehend die Veränderung für viele Menschen mit psychischen und geistigen Beeinträchtigungen erwirken.
Ziel ist eine diskriminierungsfreie Auslegung des gesetzlichen Anspruchs auf Arbeitsassistenz zu erreichen, sodass die von der UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geforderten „angemessenen Vorkehrungen“ zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden.
Mit dieser strukturellen Änderung soll Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt ohne den "Umweg" über eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung ermöglicht werden.
Und Arbeitgeber*innen sollen in die Lage versetzt werden, diesen Menschen einen für sie passenden Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Leider gelingt eine strukturelle Veränderung für Menschen mit Beeinträchtigung in manchen Sachverhalten nur durch eine gerichtliche Klärung – trotz der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Bundesrepublik im Jahr 2009.
Dies hält viele Menschen davon ab, für ihre Rechte zu kämpfen. Die Arbeitssituation von Edwin beim freien Theater Tempus fugit und der große Rückhalt durch den Arbeitgeber bieten die Möglichkeit, eine grundlegende Verbesserung zu erwirken. Das Potential hierfür sieht auch die Anwaltskanzlei Latham & Watkins, die sich Edwins Fall im Rahmen ihres Pro Bono-Engagements angenommen hat.
Bis zu einer grundlegenden rechtlichen Entscheidung müssen die Kosten für die notwendige Arbeitsassistenz für Edwin vorfinanziert werden. Dafür ist ein langer Atem notwendig. Und um den zeitaufwendigen und kostenintensiven Weg zur grundsätzlichen gerichtlichen Klärung gehen zu können, braucht es EUCH.
Mit den Erlösen werden die Kosten der Arbeitsassistenz bis zur grundlegenden rechtlichen Klärung der Kostenübernahme für Edwin finanziert.
Erreichen wir Level 12 (23.300€), können wir davon die Assistenz für mehr als ein Jahr finanzieren. Erreichen wir Level 13 oder mehr (37.700€), ist die Assistenz voraussichtlich so lange gesichert, bis wir die rechtliche Klärung erreicht haben.
Erreichen wir unserer Ziel – die Kostenübernahme der Arbeitsassistenz für Edwin und somit die Beendigung der strukturellen Diskriminierung – hoffen wir auf eine rückwirkende Erstattung der angefallenen Kosten für die Arbeitsassistenz durch die zuständige Behörde.
Die rückerstatteten Beträge werden dann für Projekte zur Unterstützung von Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwendet.
Edwin und seine Familie
Freies Theater Tempus fugit
Anwaltskanzlei Latham & Watkins LLP
Claudia Heizmann, Paxis für Heilpädagogik -> claudia-heizmann.de
Ines Boban
Zeichnungen: graphicrecording.cool_Johanna Benz
Team Edwin