Crowdfunding & Co. - Effektive Instrumente für die regionale Wirtschaftsförderung?!
Die Welt des Web 2.0 bietet zahlreiche Möglichkeiten sich auszutauschen, zu vernetzen und zu kooperieren. So lassen sich mit Crowdfunding Projekte über die Masse vorfinanzieren oder mit Crowdsourcing die virtuelle Zusammenarbeit fördern sowie in kürzester Zeit eine hohe Ideendichte generieren. Spaß und der Drang nach Selbstverwirklichung stellen dabei die Treiber der Crowd-Bewegung dar, doch wie sieht es mit dem “Ernst des Lebens” aus? Können diese Web 2.0 - Instrumente auch in der regionalen Wirtschaftsförderung erfolgreich eingesetzt werden?
In meiner Diplomarbeit "Bewertung von Crowdsourcing, Crowdfunding und Collaborative Consumption zur lokalen Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft am Beispiel der Kulturstadt Dresden" habe ich mich wissenschaftlich mit der Thematik auseinandergesetzt, die ich an dieser Stelle auszugsweise vorstellen möchte.
Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft bedeutet Wachstum
Hinter der Kultur- und Kreativwirtschaft verbirgt sich ein bunter und vielfältiger Wirtschaftszweig, der sich aus elf Teilbranchen (z.B. Musik, Rundfunk, Presse und Werbung) zusammensetzt. Erst jüngst von der Politik wahrgenommen, entpuppte sich die Kultur- und Kreativwirtschaft schnell als die Zukunftsbranche in Deutschland, die es nun tatkräftig zu fördern gilt. An dieser Stelle setzt meine Arbeit an, indem ich Crowdsourcing, Crowdfunding und Collaborative Consumption vorstelle, auf ihre Eignung als Förderinstrumente sowie auf ihre Akzeptanz bei der zu fördernden Zielgruppe – den Kultur- und Kreativschaffenden – überprüfe. Meine Ergebnisse möchte ich euch nicht vorenthalten und an dieser Stelle auszugsweise und am Beispiel von Crowdfunding in Dresden vorstellen.
Crowdfunding: Wahrnehmung als Finanzierungs- und Vermarktungstool
In der Dresdner Kultur- und Kreativwirtschaft ist Crowdfunding nach eigener Erhebung mit 85 Prozent* flächendeckend bekannt, was Anzeichen darauf gibt, dass Crowdfunding kein Nischenthema mehr ist. Auf die Frage, ob sich die lokale Crowdfunding-Plattform Dresden Durchstarter (voraussichtlich ab Mitte September 2012 online) als Finanzierungsinstrument in der Kultur- und Kreativwirtschaft etablieren könnte, antworteten 37 Prozent* der Befragten tendenziell mit Ja. Der Großteil mit 43 Prozent* zeigte sich jedoch unentschlossen. Trotz der vorherrschenden Skepsis sind 65 bzw. 49 Prozent* der Befragten davon überzeugt, dass Crowdfunding als Finanzierungs- und Vermarktungstool zwei grundlegende Probleme der Branche (mangelnder Kapitalzugang sowie mangelnde Präsentationsmöglichkeiten) positiv beeinflussen kann. Jeder Dritte ist zudem der Meinung, dass durch eine lokale Crowdfunding-Plattform die Wahrnehmung der Branche verstärkt, die regionale Nachfrage erhöht sowie die Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftszweigen gefördert werden kann.*
Unentschlossenheit gegenüber Förderpotenzial basiert auf Unwissenheit
Vermutlich ist die dominierende Unentschlossenheit ein Ausdruck dafür, dass die Befragten auf der einen Seite an das Potenzial als Finanzierungsinstrument glauben, auf der anderen Seite jedoch nicht daran, dass die notwendigen Rahmenbedingungen gegeben sind. So kristallisierte sich die Gefahr der mangelnden Teilnahmebereitschaft seitens der Projektunterstützer mit Abstand als die größte Sorge unter den Kultur- und Kreativschaffenden heraus. Hierbei handelt es sich um eine nachvollziehbare Befürchtung, die durch die (vermutete) regionale Reichweite der Plattform zusätzlich verstärkt wird. Die Tatsache, dass es sich bei Dresden Durchstarter um eine lokale Sub-Plattform von Startnext handelt, kann diese Befürchtung jedoch schnell relativieren. Folglich erhalten die Projekte der lokalen Projektinitiatoren zwei Präsenzen auf unterschiedlichen Plattformen, wodurch zwei Effekte ausgenutzt werden können. Bei Dresden Durchstarter wird insbesondere das Wir-Gefühl bzw. der Lokalpatriotismus der Projektunterstützer angesprochen und zum Erfolgstreiber. Dagegen wird über Startnext der Vorteil der überregionalen Reichweite genutzt. Dieses Modell ist zugleich die Lösung des Problems, das am zweithäufigsten von den Befragten genannt wurde – die Konkurrenz überregionaler Plattformen.*
Crowdfunding: Eine Chance, die von den Kreativen noch gesehen werden muss
Trotz zunehmender Etablierung von Crowdfunding als unabhängige Finanzierungsmöglichkeit in Deutschland sowie erfolgreicher regionaler Pilot-Plattform Nordstarter in Hamburg, werden die Potenziale von Crowdfunding in der Dresdner Kultur- und Kreativwirtschaft noch nicht im vollen Umfang gesehen. Daraus erschließt sich ein hoher Aufklärungsbedarf in der Zielgruppe. Langfristig kann Dresden Durchstarter ein wichtiger Baustein in der lokalen Förderstrategie darstellen. So bietet sich durch die lokale Crowdfunding-Plattform die Möglichkeit der Verknüpfung von privater und öffentlicher Förderung (Cofunding-Modell) sowie der Verlängerung des Förderengagements vor Ort, wie z.B. durch Workshops oder Veranstaltungen.
Fazit: Aussagen über die Förderleistung erfordert Vorreiter in der Praxis
Die Erforschung der wirklichen Förderleistung von Crowdfunding benötigt jedoch Vorreiter, wie Hamburg oder Dresden, die an die Potenziale von Crowdfunding glauben sowie den Mut und die Risikobereitschaft haben, neue Wege zu gehen. Schließlich lässt sich die Förderleistung nur in der Praxis messen.
* eigene Erhebung: 55 Teilnehmer
Die komplette Abschlussarbeit steht euch nun hier zur Verfügung. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich auf eine rege Diskussion zu der Frage:
Crowdfunding & Co. zur Wirtschaftsförderung für Städte und Regionen: Ein Blick in die Zukunft oder nur Illusion? Was meint ihr?