Wer ist die Crowd und warum unterstützt sie Projekte?
In der vergangenen Woche wurde das erste Sciencestarter-Projekt erfolgreich finanziert. Christian Stern bekam für sein Projekt "One World One Lab" die benötigte Summe zusammen und ist nur drei Tage später bereits nach Indien geflogen. "Die meisten meiner Unterstützer sind entweder Freunde und Bekannte, oder aber Kollegen, die ich von der Arbeit im Labor kenne", stellte Christian beim Blick auf die Liste der Unterstützer fest. Das mag zum Teil sicher auch an der Art seines Projektes gelegen haben, einer Videodokumentation über das Leben und die Arbeit von Wissenschaftlern in verschiedenen Teilen der Welt. Aber warum unterstützt die Crowd generell Projekte, wie setzt sich die Crowd zusammen und wie erreicht und bringt man sie dazu, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen?
Diesen Fragen gingen auch Ajay Agrawal, Christian Catalini und Avi Goldfarb von der Universität von Toronto in ihrem Paper "Friends, Family, and the Flat World: The Geography of Crowdfunding " nach. Sie kamen dabei zu dem Ergebnis, dass die geografische Verteilung der Supporter besonders in der frühen Projekt-Phase eine große Rolle spielt. Gerade Supporter mit einer räumlichen Nähe zum Projektstarter unterstützen relativ früh und unabhängig von der Anzahl anderer Unterstützer und der bereits finanzierten Summe. Dies liegt vor allem an der persönlichen Beziehung dieser Früh-Finanziers zu den Projektstartern, setzt sich diese Gruppe doch laut der Studie hauptsächlich aus Freunden und der Familie (F&F-Gruppe) des Projektstarters zusammen. Christian ist mit seinem Projekt also nicht unbedingt ein Sonderfall. Die Studie zeigt zudem, dass die durchschnittliche finanzielle Unterstützung der F&F-Gruppe höher als die anderer Unterstützer ist, was vor allem an der emotionalen Verbindung zwischen den Finanziers der F&F-Gruppe und den Projektstartern liegen dürfte.
Doch nicht nur aus diesem Grund, ist die Unterstützung in der Frühphase eines Crowdfunding-Projekts besonders wichtig. Eine Statistik der Crowdfunding-Plattform Kickstarter zeigt nämlich, dass es bei der Finanzierung von Projekten eine Art "Sogwirkung" gibt: Demnach wird ein Projekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % gefundet, wenn 30 % des Volumenziels erreicht wurde. Die Supporter der F&F-Gruppe ziehen also weitere Supporter an, weshalb es für eine erfolgreiche Finanzierung des Projektes besonders wichtig ist, bereits frühzeitig Freunde und Verwandte anzusprechen und auf das eigene Projekt aufmerksam zu machen.
Für uns besonders interessant ist die Umfrage "The demographics of science crowdfunders" zu den Supporten des Science-Crowdfunding Projekts Crowd4Discovery. Die Projektstarter, selbst Wissenschaftler aus den USA, wollten wissen, wer ihre Finanziers sind und warum sie ihr Projekt unterstützten. Das Ergebnis der Umfrage in Kürze: 80% der Befragten waren zwischen 25 und 44 Jahre alt, 65% kommen aus den USA und 52% sind selbst Wissenschaftler. Besonders Interessent sind die Antworten auf die Frage, wie Finanziers auf das Crowdfunding-Projekt aufmerksam wurden. Über 20% gaben dabei an, der F&F-Gruppe anzugehören, also mit dem Projektstarter entweder befreundet oder verwandt zu sein. Fast die Hälfte der Befragten wurde über Twitter auf der Projekt aufmerksam, knapp 20% über Facebook. Auf die Frage, was die Finanziers dazu bewegte, das Projekt zu unterstützen, gaben die meisten der Befragten (über 60%) an, neue Wege der Finanzierung von Wissenschaft und Forschung sowie Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen unterstützen zu wollen. "Lediglich" etwas über 40% wollten explizit dieses Projekt unterstützen.
Was bedeutet das für Projektstarter auf Sciencestarter? Zum einen, dass ein Projektstarter-Team höhere Chancen auf Fundingerfolg hat, als eine Einzelperson, weil dies die F&F-Gruppe vergrößert. Zum anderen, dass neben den Inhalten, der Projektdarstellung und den Dankeschöns vor allem eine intensive, regelmäßige, informative und leidenschaftliche Kommunikation notwendig für eine erfolgreiche Förderung von Projekten ist. Neben der Online-Kommunikation über die Plattform an sich, Newsletter und social media, spielt hierbei auch die offline-Kommunikation, wie zum Beispiel Print, Radio und TV und vor allem auch die Mundpropaganda im Familien und Freundeskreis eine entscheidende Rolle.
Christian hat es geschafft, Freunde, Verwandte und Kollegen für seine Reise zu begeistern und ihn zu unterstützen. Statistiken zeigen, dass Supporter Wiederholungstäter sind und nicht nur ein Projekt unterstützen. Crowdfunding für die Wissenschaft steht also erst am Anfang.