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Kategorie
Bildung
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03.09.2015

Interview mit Herrn Ali Shirasi

Fea Maritschnigg
Fea Maritschnigg3 min Lesezeit

Im Rahmen unseres Projektes durften wir dem Schriftsteller und ehemals politisch Gefangenen Ali Shirasi einige Fragen zu seiner Zeit in Gefangenschaft und die Bedeutung von Literatur in dieser Phase stellen.

Herr Shirasi, Sie wurden im Jahr 1975 im Iran aus politischen Gründen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach drei Jahren Haft wurden Sie durch das Intervenieren des Internationalen Roten Kreuzes freigelassen.
1983 gerieten Sie wieder in politische Gefangenschaft und konnten sich aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran retten.
Wie haben Sie die Behandlung als Gefangener damals erlebt?


Antwort: Das erste Mal, unter dem Schah, wurde mir bei der Folter der Kiefer gebrochen und der Fußknöchel. Deshalb wurde ich in ein Krankenhaus verlegt und operiert. Drei Monate lag ich im Krankenhaus. Sogar dort wurde ich von meinem Folterer verhört. Das zweite Mal, unter der Islamischen Regierung, wurde ich an den Fußsohlen ausgepeitscht und an ein spezielle Folterbett gefesselt. Dadurch wurden meine unteren Bandscheiben beschädigt, so dass ich zeitweilig nicht mehr gehen konnte. So wurde ich schließlich wieder ins Krankenhaus verlegt, von wo ich fliehen konnte.

Hatten Sie dort Zugriff auf Literatur?

Antwort: In der Schah-Zeit durften wir im Gefängnis Zeitung lesen und auch ideologisch unverfängliche Bücher lesen. Die Angehörigen durften auch aus Leihbibliotheken Bücher mitbringen und uns zum Lesen dalassen. Unter Ajatollah Chomeini durften wir nur den Koran und islamische Bücher lesen. Andere Bücher waren nicht zugelassen. Wir hatten nur Zugang zu einer Zeitung - Keyhan (Die Welt), die in der Hand der Fundamentalisten ist und vom Religiösen Führer herausgegeben wird. Solange wir in Einzelhaft waren - egal ob unter dem Schah oder den Mollas - hatten wir keinen Zugang zu Literatur.

Heute sind Sie als Schriftsteller in Deutschland tätig und wurden sogar 2002 mit dem Ingeborg-Drewitz-Literatur-Preis ausgezeichnet.
Welche Bedeutung hat das Schreiben aber auch das Lesen für Ihr Leben?


Antwort: Das Schreiben war für mich ein wichtiges Mittel, um die Erlebnisse im Gefängnis zu verdauen und die seelischen Folgen zu überwinden. Auch war es für mich eine Möglichkeit, der deutschen Gesellschaft mitzuteilen, was in meiner Heimat geschieht. Das Lesen ist für mich wichtig, um mit meiner Umwelt in Kontakt zu bleiben und mich geistig weiter zu entwickeln.

Warum denken Sie, dass der Zugriff auf Literatur auch in den Gefängnissen von besonderer Wichtigkeit ist?

Antwort: Das Lesen kann den Gefangenen helfen, sich mit ihren Erfahrungen und ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Literatur kann ihnen als Spiegel dienen, sich selbst zu sehen, und ihnen Anregungen geben, was man anders machen kann.

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