Hinschauen, wo es brennt!
Wer den wertvollen Regenwald Südamerikas retten will, muss sich auch mit ökonomischen und sozialen Fragen beschäftigen.
Die Menschen in Kolumbien brauchen – vielleicht noch dringlicher als anderswo – Arbeitsplätze, von denen sie leben können. Armut im Land führt nämlich manch einen Kolumbianer in Versuchung, sich dem Drogenanbau zu widmen und im dichten Regenwald versteckt Koka-Pflanzen anzubauen.
Da Drogenanbau selbstverständlich auch in Kolumbien verboten ist, kommen schnell Militärs ins Spiel: Sie sprühen erhebliche Mengen Glyphosat aus Hubschraubern auf entdeckte Koka-Felder und verwandeln so ein weiteres Stück Regenwald in Wüste. Die vertriebenen Koka-Bauern ziehen dann einfach weiter – und die üble Geschichte fängt wieder von vorne an.
Durch die Herstellung des CALIMA-Papiers schaffen wir gute Arbeitsplätze. Wir tragen auch dazu bei, dass der Wert eines einheimischen Agrarprodukts steigt, indem es einen zweiten Nutzen erhält: die Pflanze Zuckerrohr wird in ein Nahrungsmittel UND zu Papier verwandelt. Dank der Sekundärnutzung des Rohstoffs Zuckerrohr wird für die Produktion von CALIMA-Papier keine zusätzliche Anbaufläche verbraucht.
Unser CALIMA Papier stammt aus dem Cauca-Tal im südlichen Kolumbien, wo Zuckerrohr seit 1541 angebaut wird. Heute bevorzugen die Landwirte eine Sorte, deren Züchtung Alexander von Humboldt 1801 angeregt hatte. Sie ist perfekt auf die lokalen klimatischen Bedingungen in der Andenregion abgestimmt und für die Papiererzeugung wie geschaffen. Einige dieser Zuckerrohrpflanzen werden bereits organisch angebaut. Wir gehen davon aus, dass das mit der Zeit zum Standard wird, zumal man im gesamten Anbaugebiet (Cauca-Tal) vollständig auf Gentechnik verzichtet, was auch durch die ansässige Organisation Cenicaña zertifiziert worden ist.
Die Zuckerrohrfelder im Cauca-Tal werden bereits seit Jahrzehnten nicht mehr abgebrannt, um die Ernte zu erleichtern, wie es in Asien noch mancherorts geschieht, obwohl es wegen der hohen Umweltbelastung längst verboten ist. Vielmehr werden dort, wo das Zuckerrohr für unser CALIMA-Papier wächst, landwirtschaftliche Maschinen als Erntehelfer eingesetzt. Stiele und Blattwerk der Pflanzen bleiben auf diese Weise erhalten. Der Wert der Bagasse wird also erkannt – und das ehemalige Abfallprodukt längst als verwertbarer Rohstoff gehandelt.
Das CALIMA-Papier wird in den zwei kleineren Papierfabriken in Caloto und Yumbo gleich neben den Zuckerrohrfeldern und den Zuckerfabriken und nicht weit entfernt von der Hafenstadt Buenaventura produziert. So werden bereits in Kolumbien unnötige Transportkilometer vermieden. Auf einem Containerschiff geht es dann weiter nach Europa. Der Transportaufwand für den Weg über den Atlantik nach Deutschland ist einem typischen Landweg innerhalb Europas vergleichbar, da Schiffe eine deutlich größere Kapazität befördern als ein LKW. Wir haben selbst nachgerechnet: Der CO2-Verbrauch pro Tonne bei der Wasser-/Landreise von Kolumbien nach Deutschland entspricht dem CO2-Verbrauch pro Tonne der Landreise von Finnland nach Deutschland.
Das allein klingt wie ein Nullsummenspiel, aber es gibt weitere Argumente pro Zuckerrohrpapier:
Erstens: Deutliche Vorteile ergeben sich beim Herstellungsverfahren, da Zuckerrohrpapier im Vergleich zum herkömmlichen Papier weniger Energie verbraucht. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Das Holz muss entrindet und in Hackschnitzel geschnitten werden – und es ist viel Energie erforderlich, um die Hackschnitzel im Auflösungsprozess aufzuspalten.
Zweitens sollten Verbraucher wissen, dass der hohe deutsche Papierkonsum im grafischen Bedarf (Druck- und Schreibwaren) und vor allem bei den Verpackungspapieren nicht allein durch die hiesige und die skandinavische Forstwirtschaft gedeckt werden kann. De facto werden also Zellstoff und auch fertige Papier- und Kartonsorten in hohen Anteilen aus weit entfernten Ländern wie China, USA, Kanada und Indonesien importiert.
Bagasse für Papier zu verwenden ist zwar in Kolumbien keine ganz neue Idee, aber weltweit doch ein Novum. Entsprechend wenig Aufmerksamkeit hat das Papier bislang in der Öffentlichkeit erhalten. Gerne bieten wir Umweltverbänden an, das CALIMA-Papier auf Herz und Nieren zu prüfen.