Heute bin ich losgewandert
... und ich musste gleich an eine kleine Lebensweisheit von Marie von Ebner-Eschenbach denken: "Wenn Du einen häufig betretenen Weg lange genug gehst - gehst Du ihn am Ende allein!"
Ich startete im totalen Touristenpulk, dann fielen die Fußgänger weg, dann die älteren Radfahrer und nach sechs Kilometern war ich allein, traf nur noch auf Lerchen, Blindschleichen und Rehe.
Weitere 14 km blieb das auch so… und ich war fleißig.
Vier Gedichte sind entstanden, die eine neue Lyrikgattung bilden könnten: die politische Landschaftsbeschreibung… irgendwie mischten sich wohl die neuen Eindrücke mit der unterbrochenen politischen Ausrichtung von "Eine Million gegen Rechts" - jedenfalls kam heraus: "Welke Tulpen am Mahnmal" / "Der proletarische Gersten" / "Futur Zwei" und "Ausgeschilderte Schönheit" - die welken Tulpen könnt ihr nachfolgend lesen.
Geschichten sind auch zwei entstanden, eine Satire "Der Pinsel von Schmidt-Rottluff" und eine philosophische Betrachtung "Der Mann, das Lachen und der Arsch" - die muß ich jetzt aber noch zu Ende schreiben, Geschichten kann man ja unterwegs nur skizzieren.
» Welke Tulpen am Mahnmal «Da liegen sie, schon welk geworden,
die Tulpen des Respekts!
Ohne die Eisen-Haltbarkeit von Orden.
Sterbliche Diener des Effekts.Sie liegen da wie hingeschmissen.
Lästige Gärtnerpflicht.
Mit ihnen welkte das Gewissen,
das aus der Blutzeit spricht.Touristen fluten hier in Wellen
vom Park zum Strand zum Meer.
Und keiner will noch Fragen stellen.
Und keiner kommt mehr her.Als Mahnung steht in Stein gemeißelt:
schützt eure Würde, Leute!
Der Blumenmüll davor spricht leise:
wen kümmert das noch, heute?