Glamour – eine Annäherung
Um’s Dystopianern soll es gehen. Und um Glamour. Die Betonung liegt auf soll. Nicht auf Dystopianern. Erst recht nicht auf Glamour. Dabei hatte ich erst gedacht: Dystopie, Cor-nern und Glamour – großartig! Vor meinem inneren Auge hatte ich schon einen Text gesehen. Einen, der Glamour versprüht und zugleich Ernsthaftigkeit. Einen, der nach-denklich ist, trotzdem Witz hat. Einen, der schmunzeln und dabei denken lässt: Oh – wie gescheit.
Man merkt es vielleicht: Mein Text und ich sind noch davon entfernt.
Denn, als ich über das Dystopianern und den Glamour nachdachte, stellte sich eine Fra-ge, ohne deren Antwort es nicht zu gehen schien: Was ist eigentlich Glamour?
Was ist Glamour? Frage ich mich in der Trambahn. Ich starre aus dem Fenster. Der Zug ruckelt die Maximilianstraße hinunter. Goldene Lettern auf dunklem Grund. Dior. Valen-tino. Gucci. Ein Einkauf in den Läden hier kostet tausende von Euro. Die Karosserien auf den Parkplätzen davor noch viele mehr. Hochpreisige Designer*innenmode, teure Kar-ren – sieht so Glamour aus?
Was ist Glamour? Frage ich mich, während ich im Second-Hand-Shop stehe. Die Kleider-bügel aus Plastik machen ein ratschendes Geräusch, wenn ich sie auf der Stange weiter-schiebe. Ein Pullover, der vielleicht mal einem Teenager gehörte. Ratsch. Ein schlichtes Hemd. Nächster Bügel: Eine Bluse, die meiner Oma gut gefallen hätte. Als sie jung war, da war die Mode eine andere – war auch der Glamour ein anderer? Oder ist Glamour zeitlos?
Was ist Glamour? Frage ich den Duden. Er antwortet kurz angebunden, als könnte er nicht verstehen, warum es mir so schwerfällt: „blendender, betörender Glanz [dem gele-gentlich etwas Künstliches anhaftet]“.
Damit eine Person als glamourös gilt, muss sie also einen Weg finden, zu glänzen. Eine Designer*innentasche allein – ob teuer in der Boutique erstanden oder im Second-Hand-Shop entdeckt – vermag es wohl nicht, diesen Glanz zu verleihen. Wahrscheinlich braucht es mehr. Die Tasche muss Teil eines (Lebens-)Stils sein. Sie muss einhergehen mit einer bestimmten Haltung und einem bestimmten Auftreten. Nicht unbedeutend dürfte dabei der jeweilige zeitliche und gesellschaftliche Kontext sein.
Sicher könnte man an dieser Definition noch feilen, sie mit Beispielen versehen. Viel-leicht sollte man sogar eine andere, treffendere finden. Für den Moment muss sie rei-chen. Das eigentlich Interessante ist ohnehin, ob Glamour erstrebenswert ist. Denn – Definition und Kontext hin oder her – eines sollte nicht vergessen werden: Glanz ist am Ende des Tages nicht mehr als die Reflektion von Licht auf einer Oberfläche. Viel span-nender ist doch: Wo kommt das Licht her?
Worauf ich hinaus will: Werfen wir den Glamour über Bord. Finden wir lieber etwas, das selbst strahlt statt spiegelt. Was bei der Suche hilft, liegt auf der Hand: Dystopianern.
Beitrag von Ilona Gerdom