Was heißt eigentlich fair & nachhaltig heute?
Momentan führen wir eine spannende Diskussion an der Pinnwand über die Definition von "fair & nachhaltig" und wer jetzt wirklich das erste "faire & nachhaltige" Kondom herausgebracht hat oder noch herausbringen wird. Hier unsere Antwort, die das einhorn euch nicht vorenthalten möchte:
Lieber Herr Gothe,
es tut mir Leid, aber ich glaube es liegt ein großes Missverständnis vor hinsichtlich unser beider Definition von Fairness und Nachhaltigkeit. Ihrer Meinung nach ist eine Marke Fair & Nachhaltig, wenn sie den Namen „Fair hoch 2“ (fairsquared) trägt und ein Siegel auf der Verpackung von einer unabhängigen Organisation, in dessen Vorstand Sie selbst sitzen, mit der Aufschrift „Fair Rubber“ zu finden ist. Dabei bezieht sich Fair & Nachhaltig vor allem darauf, dass zusätzlich 50 Cent pro Kilo Dry Rubber für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Plantagenarbeiter gezahlt werden. Das macht also 0,1 Cent pro Kondom oder 0,15% von ihrem Verkaufspreis aus, denn aus einem Kilo Rubber lassen sich ca. 500 Kondome herstellen und Ihre 10er Packung wird mit ca. 65 Cent pro Kondom im Handel verkauft. Diesen Minimal-Aufpreis geben Sie mit „Fair hoch 2“ an die Kautschukzapfer ab. Nach dieser Definition von Fairness und Nachhaltigkeit haben Sie natürlich Recht, und wir entschuldigen uns für das Missverständnis und erkennen Sie als wahren Pionier an. Das ist jetzt in der Tat etwas überzeichnet und emotional aber nach all den Beleidigungen und Vorwürfen in ihrer vorherigen Kommunikation musste das einhorn mal kurz aufstampfen und auch sein Temperament zeigen ;)
Aus unserer Sicht ist die Definition von fair & nachhaltig nach „Fair hoch 2"-Standards aber bei Weitem nicht ausreichend: Wir müssen mehr tun, als einen Minimal-Aufpreis aufzuerlegen, der nur minimale Veränderungen für die Kautschukzapfer bringt und gar keine für die Umwelt. Für uns geht es um folgende Punkte, um dem Anspruch fair und nachhaltig zu sein, gerecht zu werden:
Transparenz bei den Plantagen inkl. Anbau-, Arbeits- und Lohnbedingungen sowie bei den natürlichen Gegebenheiten inkl. Baumbestand, Dünger- und Pestizidverwendung. Ziel ist es, die Bedingungen für Mensch und Natur deutlich zu verbessern und zusätzlich mit der Reinvestition von 50% der Profite strategisch in soziale und ökologische Projekte zu investieren. Das ist die Definition nach der wir fair und nachhaltig beurteilen – die wir jetzt im Detail mit Wissenschaftlern ausarbeiten und nach der wir uns als erstes faires und nachhaltig oder auch fairstainable produziertes Kondom zukünftig bezeichnen wollen.
Dieses unterschiedliche Verständnis von Fairness und Nachhaltigkeit führte wohl dazu, dass wir von zwei verschiedenen Dingen sprechen, wenn wir von fair und nachhaltig produzierten Kondomen reden.
Hier nun aber einmal im Detail, was fair und nachhaltig für einhorn heißt, und welche Fragestellungen wir beantworten wollen:
• Von welcher Plantage kommt der Kautschuk genau?
o Um komplette Transparenz und damit Glaubwürdigkeit im Siegeldschungel zu schaffen, werden wir die Google Maps Koordinaten veröffentlichen, damit man sich der Konsument persönlich vergewissern kann oder mit Google Satellitenview prüfen kann, ob dort überhaupt eine Plantage steht. Der link zu ihrer Plantage, den Sie gepostet haben verweist auf ein Gebiet ca. doppelt so groß wie Bayern
• Wie sind die Besitzverhältnisse der Plantagen vor Ort?
o Zu oft profitieren von höheren Fair Trade Preisen nur die Plantagenbesitzer aber nicht die Kautschukzapfer. Wir wollen die Besitzverhältnisse offen legen
• Wer arbeitet genau auf den Plantagen und unter welchen Arbeitsbedingungen?
o Um auszuschließen, dass Kinderarbeit verrichtet wird, wollen wir effiziente Kontrollen mit unabhängigen Partnern vor Ort durchführen. Weiterhin müssen die Arbeitsbedingungen, Arbeitsmittel und Zeiten immer wieder kontrolliert werden. Wir werden uns persönlich als Geschäftsführer vor Ort in kontinuierlichen Abständen versichern. Meine nächste mehrwöchige Reise im März ist bereits geplant
• Reicht der Verdienst der Bauern, um das Existenzminimum zu sichern?
o In Malaysia beträgt der Mindestlohn ca. 200 EUR den auch die Kautschukzapfer erhalten, das Existenzminimum aber ist 361 EUR. In Indien, wo ihre Plantage steht, ist die Schere noch größer siehe Infografik oben. Bei unserer nächsten Reise im März finden wir im Gespräch heraus, wie einhorn diese Lücke kleiner machen kann.
http://www.cleanclothes.org/livingwage/living-wage-versus-minimum-wage
Genauso wichtig wie die Betrachtung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter ist der Einfluss des Kautschukanbaus auf unsere Umwelt. Da wir keine agrarwissenschaftlichen Experten sind, reisen wir gemeinsam mit einem renommierten Wissenschaftler einer deutschen Universität, der sich seit Jahren mit nachhaltigem Kautschukanbau beschäftigt (surumer.uni-hohenheim.de ) im März nach Malaysia. Die Reisekosten und Spesen übernimmt einhorn u.a. mit Hilfe der Erlöse der Crowdfunding-Kampagne. Vor Ort werden wir versuchen folgende Fragen zu beantworten u.a. mit den Plantagenbetreibern:
• Die wievielte Kautschukgeneration steht auf der Fläche?
• Wie nah stehen die Bäume zusammen und wie nah sind diese an Wasserläufen?
• Welche Dünger, Pestizide, etc. werden verwendet?
o vorläufige Bodenanalysen werden ggfs. direkt ausgeführt
o Ggfs werden wir Alternativen prüfen falls die verwendeten Pestizide gesundheitsschädlich ist oder das Grundwasser verunreinigen
• Überblick über die Landschaft, in die die Plantagen eingebettet sind sowie Identifikation von Resten der natürlichen Vegetation (pot. seed sources)
• Identifikation bzw. Besuch möglicher Partner (Baumschulen, fachliche Einrichtungen), lokal aber auch in Kuala Lumpur
Eine Übersicht über die wissenschaftliche Herangehensweise des Projekts Surumer in China findet man hier: https://surumer.uni-hohenheim.de/90850
Die Plantage ist natürlich nur der erste Baustein für eine Analyse der Fairness & Nachhaltigkeit. Sobald das Latex die Plantage verlässt kommt es in der Regel zu einem Aufbereiter. Hier müssen ebenfalls die Lebens- und Arbeitsbedingungen geprüft werden. Wir waren bei unserer letzten Reise zu Gast bei Lee Latex und haben alles auf Kamera festgehalten (siehe Youtube oben).
Zuletzt muss natürlich die Kondomproduktion auf Arbeitsbedingungen geprüft werden. Wir haben großes Glück, dass Richter Rubber uns in alle Prozesse komplette Einsicht gibt und alles filmisch (siehe Youtube oben) belegt werden darf. Ganz wichtige Frage bei der Produktion:
• Wie sieht das Verhältnis von fairem zu normalem Kautschuk in den Wannen der Kondomtauchanlagen aus? Ist ein Kondom schon fair, wenn man 10% faires Latex mit 90% normalem Latex mischt? Der erste Schritt von einhorn wird die Offenlegung dieses Mischverhältnisses an Verbraucher sein.
Auch hier gibt es natürlich die wichtige Umweltkomponente. Um den CO2 Abdruck niedrig zu halten, ist es wichtig dass die wichtigen Qualitäts- und Sicherheitstests möglichst am selben Ort stattfinden und nicht um die ganze Welt verschifft werden, um dann wieder nach Deutschland zu gelangen. Bei Richter Rubber geschieht alles an einem Ort. Künftig werden wir den Co2-Abdruck der gesamten Wertschöpfungskette der einhorn condoms öffentlich machen und stetig an der Verbesserung des Designs und der Prozesse arbeiten.
Natürlich lässt sich das alles nicht von heute auf morgen etablieren, deswegen kommunizieren wir immer, dass unsere Vision das erste faire & nachhaltige Kondom der Welt ist (www.einhorn.my/press). Dass die Presse diese Aussage teilweise ohne das Wort „Vision“ abdruckt, spricht Bände über den Bedarf einer solchen Marke im Markt aber ist nicht unsere Aussage.
Der Weg dorthin kann einige Jahre in Anspruch nehmen, auf jeden Fall lassen wir jeden an diesem Prozess transparent teilnehmen, in dem wir auf unserem „Fairstainable-Siegel“ eine Prozentzahl zum Fortschritt angeben. Auf unserer Webseite und auf allen sozialen Kanälen kann man sehr aktuell mit Video- und Bildmaterial verfolgen wie weit einhorn bereits vorangeschritten ist. Wir haben in der Tat keine andere Kondommarke gefunden, die Fairness & Nachhaltigkeit so definiert wie einhorn und entsprechende branchenunübliche, kostspielige und komplexe Maßnahmen ableitet für Mensch & Umwelt. Weiterhin verpflichten wir uns 50% der Profite lebenslang an gemeinnützige Projekte abzuführen und haben dies sehr öffentlich mit der Initiative Entrepreneur’s Pledge mit über 50 anderen tollen Gründerpersönlichkeiten kund getan (www.entrepreneurspledge.org).
Sie fordern eine Richtigstellung unserer Aussage weil Sie aus Ihrer Definition „Recht“ haben?
Sei’s drum, Sie haben Recht Herr Gothe! einhorn ist es wichtiger schnellstmöglich Fairness & Nachhaltigkeit in der weltweiten Kondombranche zu etablieren durch die Aufklärung beim Kunden statt das Crowdfundingkapital für etwaige Rechtsstreitigkeiten zu verplempern.
Schon jetzt sagen wir Ihnen zu, alle Ergebnisse bzgl. des nachhaltigen Kautschukanbaus aus Umweltsicht mit Ihnen und Fair Rubber zu teilen und ich würde mich nach wie vor freuen, sie beim Entrepreneur’s Pledge ( http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/was-ein-kondomhersteller-von-warren-buffett-lernte-a-1018065.html ) begrüßen zu heißen. Ich würde mich freuen, wenn wir an dieser Stelle das Kriegsbeil begraben und prüfen wie wir gemeinsam mehr bewirken können.
Beste Grüße aus Berlin
Waldemar
Chief Executive Unicorn