Reisebericht Teil 6; Ankunft in Maramuake
Um 6.30 holt Jorge, der Verantwortliche für das Projekt im Kontakt zu den Blancos, den Weißen, mich ab. Diesmal müssen wir nur zwei Stunden laufen, verspricht er. Und zwei Stunden bei der Hitze in der Höhe bergauf laufen, kann verdammt anstrengend sein. Gegen 8 Uhr machen wir halt. Erst einmal ordentlich frühstücken - und ich haue diesmal rein im Gegensatz zum Vorjahr, wo ich nur Kaffee getrunken hatte und dann ziemlich hungern musste während der Wanderung. Es stellt sich heraus, dass wir 5 Stunden mit dem Auto fahren, dann 1 Stunde mir einem Allradjeep und erst dann laufen. Also gehen wir wenig später erst einmal zum Mittagessen. Und noch einmal wird der bauch voll geschlagen.
Wir fahren gegen den Uhrzeigersinn rund um die Sierra Nevada bis Valledupar, dem Zentrum der berühmten kolumbianischen Akkordeonmusik. Wen's interessiert, schaue mal nach Film und Musik "El accordeon del diablo", dem Akkordeon des Teufels.
Mit und reist der Kogi Fernando, ein weltliches Oberhaupt der Cuenca Guatapuri, dem Flusstal übers Ziels. Die Kogi denken in Flusstälern. Als ich mit Fernando während eines weiteren Stopps in einem Café der großen kolumbianischen Kette Juan Valdez sitze, ist das schon skurril. Ein Kogi in einer Shopping Mall trinkt Kaffee aus einem Pappbecher... Und keinen guten Kaffee...
Irgendwann erreichen wir ein kleines Dorf der Kankuamo-Indianer. Die sind ähnlich alt wie die Kogi, haben sich jedoch mittlerweile halbwegs in die kolumbianische Gesellschaft integriert. Simon, der erste Kogi mit Brille, den ich sehe, wartet auf uns. Ich bin überrascht. Er und sein Sohn haben einen Führerschein und fahren den geschätzt 30 Jahre alten Jeep, der durch Spachtelmasse zusammen gehalten wird.
Nach einer Stunde erreichen wir das Dorf von Màma José Gabriel. Die Kogi haben es vor 20 Jahren von den Kankuamo wieder übernommen. Im Versuch, die Kogi zum Westen zu bekehren, gibt es eine Krankenstation - was sich angesichts der dort vorhandenen dusche und Toilette als durchaus vorteilhaft zeigt...
Nachdem schon Fernando mich nach 9 Monaten nicht wiederkannt hatte, wundert es mich nicht, dass auch Màma José Gabriel tut, als ob er mich nicht kenne. Ich habe den Eindruck, die Kogi leben sehr im Augenblick. Als Jorge ihm erklärt, dass er mich schon aus Deutschland und vom Januar her kennt, schüttelt er den Kopf. Er würde alt und trottelig, murmelt er. In seiner Hütte hängt jedoch mein Geschenk von letzten mal, ein koshi, dieses kleine klanginstrument. Er ist verwendet, dass das von mir ist. Insgeheim denke ich mir, dass er sich ja dann wenigstens nach 14 Tagen mit mir in Deutschland an mich erinnern wird.