Reisebericht Teil 8 - heilige Steine
Es ist an der Zeit, Màma José Gabriel mein Gastgeschenk zu überreichen. Kurz vor meine Abreise hatte mir meine Mutter einige Steine und Kristalle mitgegeben, die ich als Kind gesammelt hatte. Und die längst vergessen waren...
Da ich weiß, dass die Kogi pagamientos (Opfer) mit Steinen begehen, habe ich sie eingepackt und mitgenommen. Màma José öffnet das kleine Säckchen und begutachtet meine Steine. Er will wissen, ob die auch alle echt seien. Klar! Ein Amethystkristall, ein kleiner Bergkristall, ein kräftig grüner Stein und noch ein paar in verschiedenen Farben. Ich frage ihn, ob er mit den Steinen ein Opfer für das Gelingen unseres Projekts begehen könne.
Er murmelt vor sich hin, dass das Grün das Grün der Blätter sei, dass Rot das Rot der Kaffee kirschen, dass Gelb das Gelb der noch nicht reifen Früchte, der transparente Bergkristall ist das Wasser. Ich versteh nicht alles. Insbesondere der grüne Stein hat es ihm angetan. Solch einen hat er noch nie gesehen.
Am nächsten Tag ist abends eine große Versammlung der Màmas, dort werden sie beraten, wie sie mit den Steinen umgehen. Offensichtlich hat ihm das Geschenk gefallen.
Update:
Gestern Abend hatte ich die Gelegenheit, mit Arregoces, dem Buchhalter der Kogi für das Kaffee Projekt zu sprechen. Bisher dachte ich, dass er den Job machte, weil er gut rechnen kann. Ich wurde eines besseren belehrt. Arregoces würde von den Màmas erzählt, weil er eine Vertrauensposition hat. Er kennt sich bestens in der Mythologie der Kogi aus, weiß viele Geschichten zu erzählen. Anthropologen, die die Kogi erforschen wollen, reißen sich um ihn.
Mir erzählte er über die Steine. Für die Kogi sind Steine Teile des Körpers ihrer Mutter. Steine sind heilig. Es ist quasi Gotteslästerung, mit Steinen zu werfen. Einen Kiesel auf dem See titschen zu lassen, kann sogar einen Kogi aus der Balance bringen. Auch wenn man mit einem kleinen Stein einfach so in der Hand spielt, ist verwerflich.
Jeder Stein hat für die Kogi eine Bedeutung. Die orientiert sich an Form und Farbe. Überhaupt denken die Kogi immer in Analogien. Alles existiert auf vielen verschiedenen Ebenen. Ein roter Stein ist ein Stein, ein Teil der großen Mutter, er ist Blut und Frucht, er ist die Sonne am Abend, er steht für Fruchtbarkeit und vieles mehr.
Alle, die zu den Workshops kommen, sind gebeten, kleine Steine als Geschenk mitbringen.