Die Antworten auf eure häufigsten Fragen zum Crowdfunding
Da in den ersten zehn Tagen des Crowdfundings schon einige Fragen an uns eingetrudelt sind, beantworten wir die jetzt einfach mal für alle:
1. Übertreibt ihr nicht ein wenig?
Mehrmals wurden wir inzwischen gefragt, ob es um die Diskussionskultur in Deutschland wirklich so mies bestellt ist und ob das Land sich wirklich so drastisch ändert, wie wir das in der Projektbeschreibung behaupten. Ist das nicht vielleicht nur unser subjektiver Medienblasen-Eindruck?
Leider weisen Statistiken wie die zu politisch motivierten Straftaten darauf hin, dass sich das politische Klima in Deutschland durchaus verschärft. Unsere Beobachtungen zur Diskussionskultur entstammen Gesprächen mit Leuten aus unterschiedlichen Schichten und mit verschiedenem Hintergrund. Leute, die sich darüber beklagen, dass sie zum Beispiel in der Familie nicht mehr über Politik sprechen können, ohne dass es zum Streit kommt. Wir sind aber auf jeden Fall auch offen für Gegenbelege: Uns geht es bei der Recherche ja nicht darum, zu zeigen, was alles scheiße ist, sondern zu gucken: Stimmt dieser Eindruck? Was sind die Hintergründe? Was kann man wie verbessern? Wie können wir alle besser miteinander ins Gespräch über Politik kommen? Und welche Themen sollten wir dringend diskutieren?
2. Das ist doch ein europäisches Thema, kein deutsches!
Das stimmt, die Stimmung in verschiedenen europäischen Ländern hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Allerdings gibt es in Deutschland durchaus Besonderheiten. Ein Beispiel: Rechtspopulistische Parteien gibt es in Frankreich (Front National) und Österreich (FPÖ) schon lange, in Deutschland dagegen galt lange der Satz, dass es rechts von der CDU keine rechte Partei geben darf. Und jetzt gibt es die AFD, die zweistellige Ergebnisse bei Landtagswahlen einfährt (Frühjahr 2016).
Wir denken: Ja, es ist ein europäisches Thema, aber es ist eben auch ein Thema, das uns ganz konkret in Deutschland beschäftigt und beschäftigen sollte. Nächstes Jahr ist hier Bundestagswahl, da ist es sinnvoll, sich mit Politik auseinanderzusetzen. Dass dies in anderen europäischen Ländern aus verschiedenen Gründen auch passieren sollte – klar! Aber wir sind mit diesem Land vermutlich gut ausgelastet. Wer sich trotzdem eine Recherchestation im europäischen Ausland wünscht: Schickt uns eure Argumente und wir können gemeinsam überlegen, was sinnvoll ist.
3. Warum braucht ihr mehr Geld als letztes Jahr?
Gerade im vergangenen Jahr haben wir gemerkt, dass uns Unabhängigkeit wichtiger ist als Geld, aber dass wir Geld brauchen, um arbeiten zu können. Wir haben das daran gemerkt, dass wir die von euch gewünschten hintergründigen und politischen Berichte aus Japan kaum an andere Medien verkaufen konnten, weil die Medien sich eher "verrückte Manga-Geschichten" o.ä. wünschten – wir aber ja das recherchieren, was ihr euch wünscht und nicht das, was ein deutscher Redakteur sich an seinem Schreibtisch gerade ausmalt.
Wir hätten zu viele Kompromisse machen müssen und mussten daher einige Anfragen von Medienhäusern ablehnen. PR-Anfragen lehnen wir ja sowieso rigoros ab (auch da gibt es immer wieder lukrative Angebote).
Letztlich ist aus den Rechercheideen der Crowd im vergangenen Jahr unter anderem ein langer Text entstanden und eine 45-Minuten-Reportage, beides komplett unabhängig finanziert und auf unserem Blog publiziert. Wir mussten also eine ganze Ecke eigenes Geld in die Aufbereitung der Rechercheergebnisse stecken. Das haben wir gerne gemacht, aber das können wir nicht jedes Jahr tun. Sonst ist unsere nächste Publikation ein Schuldnerberatungs-Selbstversuch mit Peter Zwegat.
Ein weiterer Grund ist, dass wir älter geworden sind und damit auch irgendwie alles teurer. Vor zwei Jahren konnten wir zum Beispiel noch monatelang mit sehr günstigen Spezialtickets der deutschen Bahn für bis 26-Jährige durch das Land reisen. Jetzt sind wir groß und müssen Normalpreise zahlen.
Wie die Leute, die uns schon länger folgen, vielleicht auch wissen, waren unsere Recherchen in den vergangenen Jahren auf drei Monate begrenzt, dieses Jahr haben wir sie auf sechs Monate ausgeweitet. Statt einer Reise mit Rucksack wollen wir die Themen langfristiger als sonst mit euch vorbereiten und eine größere Regelmäßigkeit in die Veröffentlichungen bringen. Statt 45 Minuten am Stück produzieren wir also 10 x 10 Minuten.
Aus diesen Gründen haben wir uns dazu entschieden, dass wir in diesem Jahr 10000 Euro statt der letztjährigen 5000 Euro veranschlagen, uns dafür aber auch mehr Zeit nehmen, noch stärker mit euch zusammenzuarbeiten und vor allem uns unsere eigene Unabhängigkeit leisten zu können.
Deine Frage fehlt? Unerhört! Schreib uns bitte eine Nachricht, poste an die Pinnwand oder melde dich auf unserem Blog. Wir beantworten gerne alles. Davon abgesehen freuen wir uns natürlich sehr, wenn ihr das Crowdfunding verbreitet und uns Themenvorschläge schickt .