Sockenschuss
Kennen Sie Misogynie?
Auf seiner Facebookseite verkündet das Gesundheitsministerium am 05. Mai, dass die beiden Plüschfiguren Socke und Schuss jetzt über HIV aufklären, weil sie einen Wettbewerb gewonnen haben.
Kein Wort darüber, dass Hebammentag ist.
Das junge Onlinemagazin jetzt.de hat den letzten Artikel zu Geburtshilfe am 13.03.2013 online gestellt in der Kategorie Jobs. Es war das Porträt einer Hausgeburtshebamme.
Seitdem nichts mehr.
Nebenbei bemerkt: Zielgruppe von jetzt.de sind junge Menschen mit höherer Bildung im Studium und Beruf, also genau die Gruppe, die kurz vor der Familienplanung steht: Anfang-Mitte 20.
Außerhalb von Facebook und der Online-Petition scheint das Geburtshilfethema so gut wie nicht vorzukommen.
Wissenschaftler können mittels Forschung und Statistik belegen, dass z.B. eine Hausgeburt sehr sicher ist.
Es wird ignoriert.
Forscher haben herausgefunden, dass die Reife eines Baby mit einer Bandbreite von 37 Tagen abweicht, und nicht mal 3% der Kinder zum errechneten Termin kommen. Trotzdem wollen die Versicherungen ab +1Tag des errechneten Termine die Frauen zur Klinikgeburt nötigen.
Denn: Es ist nicht relevant.
Hebammenforschung zeigt, dass während der Schwangerschaft 17% der Schwangeren sich eine Haus- oder Geburtsausgeburt wünschen. Umsetzen tun es nur etwa 2%. Wie kommt es dazu?
Wen interessiert´s?
Mädchen haben die besseren Abiturdurchschnitte und die besseren Studienabschlüsse, aber für den Job brauchen sie die Quote.
Selber schuld. Ja?
Die Rechtschreibung meines Schreibprogramms kennt das Wort Hausgeburtshebamme und Hebammenforschung nicht.
Frauenverachtung ist diese Ignoranz. Dieses Es-gibt-darüber-einen-unausgesprochenen-Konsens-man-spricht-nicht-darüber-was-wollen-die-immer-die-blöden-Emanzen?
Misogynie das dazugehörige unaussprechliche Fremdwort.
„Was hab ich als Mann mit Frauenthemen zu tun?“, denkt sich einer. Das verstehen nur ganz wenige.
Wir müssen wohl immer noch Ina Peters Lied singen: neue Männer braucht das Land.
Welche Überschrift müsste der Artikel haben, damit ihn auch ein Durchschnittsmann oder -BürgerIn liest, denn auch viele Frauen interessieren sich nicht für diese Themen?
Eigentor durch Misogynie
Das könnte funktionieren. Über Fußball wird jeden Tag berichtet. Das hat Gesprächswert. Vielleicht hält jemand Misogynie für den neuen Stürmer vom ersten FC Bayern aus Nigeria.
Durch Brot und Spiele ganz eingelullt, bekommt der Normalbürger nicht mit, dass er sich mit seinem Desinteresse ein Eigentor schießt.
In Gebieten, wo keine Geburtshilfe vorgehalten wird, werden die jungen Menschen abwandern und die benötigten Akademiker gar nicht erst ansiedeln.
Dann wandern die Unternehmen ab in Gebiete, wo es Arbeitskräfte gibt, dort sind die Gewerbesteuern höher, und das überleben nicht alle.
Und einige tausend verlieren ihren Arbeitsplatz. Die, die einen Job haben, arbeiten soviel für die teuere Wohnung, dass sie sich keine Kinder leisten können.
Das Leben in der Stadt unbezahlbar, auf dem Land droht Verwaltung durch das Jobcenter und das alles, weil unsere Gesellschaft Frauenthemen irgendwie lästig findet.
Deutschland hat einen Sockenschuss.