Was bedeutet 100% ökologisch?
»Dieses Produkt stammt aus 100% ökologischer Landwirtschaft.« »Dieser Zug fährt mit 100% Ökostrom.« Das sind Begriffe, die ihr bestimmt schon mal gehört habt. Und jetzt noch ein »100% ökologisches SUP?« – was bedeutet das denn genau?
Marktrecherche: Was unterscheidet »ecoSUP« von anderen ökologischen Surfboards?
Es gibt bereits erste Ansätze auf dem Markt, nachwachsende Rohstoffe in Surfboards zu integrieren. Leider gibt es auf dem Weg zu einem ökologischen Board viele Hürden und es bleibt derzeit in der Regel bei Ansätzen. Bei der Produktion von Surfboards werden Harze als Klebstoff und sog. Matrix verwendet. In ihr werden dann Fasern gebunden und sorgen so dafür, dass das Board steif und belastbar ist.
Besonders geeignet sind zum Beispiel Polyester- und Epoxidharze, die künstlich auf Basis petrobasierten Kohlenstoffs, also aus Erdöl hergestellt werden. Produzenten ökologischer Boards setzen hier zum Teil schon auf Harze, deren Kohlenstoffanteil teilsubstituiert ist. Das bedeutet, dass ein Anteil der Kohlenstoffe im Harz aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Bislang gibt es jedoch keine kommerziell einsetzbaren Harze, die gänzlich biobasiert sind.
Um die mechanischen Eigenschaften zu verbessern, wird die Hülle herkömmlicher Surfboards in der Regel mit Glasfaser verstärkt. Bei den vermeintlich nachhaltigen Surfboards wird zwischen den Glasfasergeweben oft lediglich eine Schicht Flachsgewebe, ein Holzfurnier oder eine dünne Schicht Kork eingelegt und mit den anderen Lagen quasi untrennbar verklebt. Eine Lösung, wie Glasfasern vollständig durch Flachsfasern ersetzt werden kann, gibt es bisher nicht.
Ein Grund hierfür ist die hohe mechanische Belastbarkeit von Glasfasern, der günstige Herstellungspreis aber auch die Homogenität der technisch hergestellten Endlosfasern. Naturfasern können Glasfasern in diesen Belangen nicht das Wasser reichen – müssen sie aber auch gar nicht. Denn im Vergleich zu Glasfasern liegt das spezifische Gewicht von Flachsfasern bei etwa der Hälfte. Wunderbar also, wenn es darum geht, einen Leichtbau-Werkstoff zu entwickeln.
»Im Kern sind sie doch alle gleich!« Tatsächlich gibt es zu den herkömmlich verwendeten Materialien für die sog. Blanks, also den Kernen von Surf- und SUP-Boards bislang keine wirkliche Alternative. Sie bestehen aus Polystyrol oder Polyurethan, einem Werkstoff, der zum Beispiel auch für Fassadendämmung oder Verpackungsmaterial eingesetzt wird und auf Erdöl basiert. Beim »ecoSUP« wollen wir das ändern und greifen auf ein ausgeklügeltes Verfahren zur Herstellung von Schäumen aus Holz zurück, welcher einzig durch die Bindekräfte der Holzbestandteile hält, also ohne Klebstoffe auskommt.
Unser Ansatz: alle Bestandteile von Surfboards aus nachwachsenden Rohstoffen
Genau daran forschen wir am Fraunhofer WKI.100% ökologisch – das heißt für uns, dass alle Bestandteile aus nachwachsenden Materialien gewonnen werden können. Für den Kern verwenden wir Balsaholz aus ausgedienten Windrotorblättern. Das ist aber nur ein Teil des 100% ökologischen Boards. Die Hülle soll aus einem biobasiertem Polymer bestehen, das mit Flachsfasern verstärkt wird.
Ist das »ecoSUP« dann auch biologisch abbaubar?
Im ersten Entwicklungsschritt zielen wir auf ein biobasiertes Stand-Up-Paddleboard aus gänzlich nachwachsenden Rohstoffen ab. Diese bleiben auch nach ihrer Verarbeitung weiter biologisch abbaubar, sind aber während der Nutzungsphase durch eine Hülle geschützt. Auch am Ende des Lebenszyklus ist »ecoSUP« also deutlich umweltverträglicher als herkömmliche Boards.
Biologische Abbaubarkeit oder gar die Möglichkeit, das Board am Ende des Lebenszyklus auf den heimischen Kompost zu geben und im nächsten Jahr unter die Tomaten zu pflügen, sind durchaus wünschenswert, stehen aber im Widerspruch zu einem dauerhaften Board. Während der Nutzung ist das Board bereits in hohem Maße Feuchtigkeit, UV-Strahlung und anderen oxidativen Prozessen ausgesetzt. Würde es sich hierbei bereits abbauen, wäre der Spaß am Board und auch sein ökologischer Mehrwert sehr begrenzt.
Unsere Kollegen am Fraunhofer WKI forschen jedoch an schaltbaren Polymeren, um dieses Problem zu lösen. Am Ende des Lebenszyklus sollen sich die Polymere entweder leicht abtrennen lassen oder soweit aufgeschlossen werden, sodass sie für Mikroorganismen abbaubar werden. Hierfür werden spezifische Moleküle in die Polymerketten eingebaut, die sich über Temperatur schalten (also lösen und verbinden) lassen und so die langkettigen Polymere aufbrechen. Das geringere Molekulargewicht wirkt sich wiederum positiv auf die Kompostierbarkeit aus.
Und wie steht es um den ökologischen Fußabdruck?
In den ökologischen Fußabdruck eines Produkts zählen eine Menge Faktoren hinein. Wie viel Energie und Rohstoffe werden für die Herstellung benötigt? Wohin wird es transportiert? Wie ist das Verwertungskonzept am Ende des Lebenszyklus? Unsere Projektpartner vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (iWF) der Technischen Universität Braunschweig sind Experten auf dem Gebiet der Ökobilanzierung. Sie werden die Entwicklung vom »ecoSUP« begleiten und hinsichtlich des ökologischen Fußabdrucks bewerten.
Hierfür werden wir die Primärdaten der physischen Stoff- und Energieströme im Projekt messen und in ein Lebenszyklusmodell überführen, welches im Anschluss hinsichtlich verschiedener Wirkungskategorien, also Einflüssen auf unsere Umwelt, wie zum Beispiel dem Treibhausgaspotenzial oder dem Abbau endlicher Ressourcen hin untersucht wird. So lässt sich ein Umweltprofil erstellen, dass uns den ökologischen Fußabdruck des »ecoSUP« zeigt.