Amira Gezow
Einer meiner emotionalsten Begegnungen war mit
Amira Gezow in Israel.
Amira Gezow kam am 20. Mai 1929 in Coesfeld unter dem Namen Charlotte Siesel zur Welt. Ihr Vater Walter Siesel war Häuser- und Gütermakler und unterhielt ein Büro in Dortmund, bis die Nationalsozialisten seine Geschäftsgrundlage vernichteten. Im Mai 1934 zog die Familie nach Mannheim, wo sie in der Neckarstadt, Mittelstraße 14 wohnten. Schräg gegenüber, in der Mittelstraße 7, eröffnete Walter Siesel eine Mietwaschküche - heute würde man das einen Waschsalon nennen. Das Ehepaar Ida und Walter Siesel konnte dieses Geschäft bis November 1938 betreiben. Danach wurde es arisiert, was bedeutete, es zu ungünstigen Konditionen an einen „rassisch unbedenklichen“ Inhaber zu verkaufen. Der arbeitslos gewordene Walter Siesel fand vorübergehend Beschäftigung bei einer Baufirma. Nach Kriegsbeginn 1939 übernahm er die Betreuung von Sozialfällen in der jüdischen Gemeinde, half bei der Herrichtung des jüdischen Altersheimes und sorgte für Behinderte. Zusammen mit den übrig gebliebenen Mannheimer Juden wurden die Siesels am 22. Oktober 1940 nach Gurs verschleppt. Fast zwei Jahre lang musste die Familie in Lagern zubringen. Walter Siesel meldete sich mehrmals zur Schwerarbeit in einem "Camp de Travail" - er hoffte, damit seine Angehörigen retten zu können. Nur den Töchtern gelang die Flucht. Am 13. September 1942 wurden die Eltern über Drancy nach Auschwitz verschickt. Vermutlich wurden sie gleich bei der Ankunft umgebracht.
Charlotte Siesel wurde von einer jüdischen Hilfsorganisation über die Grenze in die Schweiz gerettet und ging von dort mit der Jugend-Aliya nach Israel, wo sie unter dem Namen Amira Gezow ein neues Leben begann.