Baseballschlägerjahre - Ein Erfahrungsbericht über rechte Gewalt
"Zeckenschwein!" Der aus dem vorbeifahrenden Auto zum Hitlergruß emporgereckte Arm wie auch die hinterhergebrüllte Bezeichnung als "Zeckenschwein" gelten mir. Wichtiger als derartige verbale Entgleisungen ist für mich in diesem Moment jedoch die Frage, ob das mit Nazis vollbesetzte Gefährt anhalten wird, so dass es unweigerlich zu einer Konfrontation kommt. Als ich sehe, dass die roten Bremslichter nicht aufleuchten, legt sich meine Anspannung wieder etwas. Glück gehabt - zumindest vorerst, denn an anderen Tagen belassen es die braunen Schläger nicht bei Pöbeleien, das haben die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt. Situationen wie diese waren für mich als jungen Punk in der Provinz keine Ausnahmeerscheinung, sondern Alltag. Ein Alltag voller Anfeindungen, die nicht nur von Nazis, sondern auch von ganz normalen ´Discogänger_innen, Fußballfans oder Rentner_innen ausgingen - wer anders ist, wird angemacht. Ein Alltag, der seine Spuren hinterlassen. Aber zugleich ein Alltag, der mich mit all seinen beschissenen Erfahrungen nur noch intensiver in meiner antifaschistischen Attitüde bestärkt hat!
Heute berichtet Pudding von einer Etappe, die ihn zeitweise an seine eigenen Auseinandersetzungen mit Nazis erinnerte: "Als hätte das Wetter gewusst, wie die heutige Etappe heißt, und mal eben die Funktion der Nazis aus den späten Neunzigern übernommen. Ich bin heute von der Hütte, in der ich gestern Nacht schlief, im Trailrun Style erst 1300m abgestiegen. Ich machte einen Umweg, da ich in Sexten einkaufen wollte, um dann wieder 1150m auf den Karnischen Kamm zur Sillianer Hütte aufzusteigen.
Das Ganze hatte deshalb soviel von damals, da ich kontinuierlich versucht habe, dem Gewitter davon zu laufen, was drohend immer hinter mir war. Ich habe mir zeitweise unseren Bandnamen Angstbreaker laut vor mir her gesprochen, um ja nicht stehen zu bleiben - besonders beim Anstieg zur Hütte. 30 Minuten vor und in Sichtweite der Hütte hat es mich dann doch erwischt und es gab einen Mix aus Sturm, der das Gehen echt schwer machte. Regen und Hagel, die sich wie ein Peeling anfühlten.
Plötzlich dann durchfuhr mich der Schock, als etwa 100 Meter neben mir ein Blitz einschlug. Zum Glück habe ich es dann in die Hütte geschafft und wenn ihr euch die Strecke auf anschaut, bekommt ihr eine Ahnung, wie fertig ich an der Hütte war.
Allerdings ist die Hütte heute tatsächlich ein bisschen wie das rettende Zuhause oder der Proberaum, in dem ich mich damals sicher fühlte.
Es war aber auf jeden Fall die richtige Entscheidung den Gebirgskamm zu wechseln, denn auf die ursprüngliche Route hätte ich heute nicht gehen können und da es sich um Starkregen handelt, ist dann für Morgen damit zu rechnen, dass der aufgeweichte Boden einiges an Steinen in Bewegung setzen wird. Ich bin nun wieder in Österreich und werde dann die kommenden Tage mit meiner No Borders Clothing Hose auf der österreichisch-italienischen Grenze laufen."