Mission accomplished!
Liebe Supporter, liebe Fans,
seit wenigen Tagen sind wir nun zurück aus New York - und noch immer sind wir ziemlich jetlag, das heißt knallwach und hundemüde im ständigen Wechsel, meist allerdings zum völlig falschen Zeitpunkt...
Die Erlebnisse der vergangenen zwei Wochen wirken noch immer nach und wir freuen uns wahnsinnig, dass wir nicht nur ziemlich erfolgreich unsere US-Premiere feiern konnten, sondern dass vor allem unser Zwei-Mann-Filmteam Ole & Karsten dabei waren, denn sollte unsere Dokumentation irgendwann auch nur halbwegs das wiedergeben, was wir erlebt und erlitten haben, wird sie ein KNALLER!
Karfreitag, am Tag nach unserem KISSIN' IMPOSSIBLE Preview in Hamburg, waren wir losgeflogen. Und es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie runtergekommen die amerikanische Infrastruktur doch ist: Asthmatisch rasselnde Nahverkehrszüge, kreischende U-Bahnen, verrostete Busse, kaum zu beschreiben.
Etwa so wie Chemnitz kurz vor dem Mauerfall.
Das Ganze allerdings verschwenderisch durchsetzt mit Leuchtreklamen - und unter all dem eine unbeschreibliche Energie, eine Atmosphäre, ein Spirit, dem man sich nicht entziehen kann.
Eigentlich wollten wir die ersten Tage locker angehen, um Kraft zu sammeln für die uns bevorstehenden drei englischen Vorstellungen, aber daraus wurde natürlich nichts. Man sitzt ja in New York nicht im Hotel und schaut zwei Tage aus dem Fenster, weil man irgendwann mal Theater spielen muss.
Das wäre so als stellte man einem Sechsjährigen die verpackten Weihnachtsgeschenke schon Ende November ins Zimmer mit den Worten: "Aber nicht vorher aufmachen, ja".
Quatsch. Tüddelüt. Kokolores. Klappt nicht.
Also sind wir natürlich gleich rein in dieses Wunderwerk aus Häusern, Straßen und dubiosen Bewohnern - und hätten noch monatelang so weiterstöbern können, aber am Sonntag kamen dann Karsten und Ole dazu - und wir fingen an zu drehen: Interviews mit uns und anderen (sehr lustig die Reaktionen der New Yorker auf die Frage, ob sie schon mal was von Michael & Jennifer Ehnert und ihrem Stück KISSIN' IMPOSSIBLE gehört hätten...) am Times Square, auf der Brooklyn Bridge, an der Wall Street und tausend anderen locations.
Am Ostermontag hatten wir eine erste Durchlaufprobe im Players Club.
Allein über diesen Club könnte man Seiten schreiben. Ein riesiges mehrstöckiges New Yorker Clubhaus, holzgetäfelt, mit Ledersesseln und Ölgemälden, gegründet von Edwin Booth. Booth's Bruder John hat von der Bühne herunter den Präsidenten Abraham Lincoln erschossen. Schauspieler hatten danach nicht gerade das beste Ansehen im Lande ("machen Quatsch auf der Bühne und erschießen Präsidenten, solche Leute braucht man nicht!").
Edwin Booth hat also daraufhin den Players Club gegründet, um Schauspieler und andere Künstler und Freunde der Kunst zusammenzubringen. Die Atmosphäre in diesem Club ist schon eine sehr besondere. Unsere Generalprobe auf der Bühne des Clubs lief dann auch sehr gut. Wir hatten zwar keine Lichtwechsel und Toneinspieler, aber der Geist unseres Stückes kam trotzdem gut rüber -
....hätten wir doch bloß da schon mit den technischen Einsätzen gearbeitet, dann hätten wir direkt gemerkt, dass das gesamte Ton- und Lichtequipment des Hauses offenbar auch aus der Zeit Abraham Lincolns stammt.
Am Dienstag, am Tag unserer US-Premiere haben wir dann wieder den ganzen Tag Szenen für unsere Dokumentation gedreht, haben Jennifers Wirkungsstätten besucht, die Strasberg Acting School, den Madison Square Garden, in dem sie vor mehreren tausend Leuten geboxt hat und und und...
Schon ziemlich gerädert und erschöpft kamen wir dann wieder in den Players Club. Obwohl wir wirklich auf allen Kanälen versucht haben, Zuschauer zu bekommen, kamen schließlich nur etwa 30 Leute... was natürlich nicht besonders motivierend war.
Dann haben wir angefangen zu spielen und schon nach wenigen Minuten fing eines unserer Mikrofone an zu knacken, KRASS zu knacken, offenbar hatte es die falsche Frequenz; die eingestellte deutsche Frequenz schien bei unserem Soundcheck noch gut zu funktionieren, nun gab es aber plötzlich arge Probleme.
Dann mussten wir auf der Bühne -also während des Spiels- natürlich erst einmal herausfinden, WELCHES Mikro knackt und schließlich: WARUM? Das heißt: Spielen und dabei in mehr oder weniger plausiblem Englisch improvisieren und nebenbei Mikrokabel und Funksender checken.
Doch damit nicht genug:
Der clubeigene CD-Player spielte außerdem WILLKÜRLICH irgendwelche Tracks ein. Drückte Karsten, unser Tonmann, auf 4, spielte plötzlich Track 9; statt romantsicher Geigenmusik kamen also Maschinengewehrsalven.
Die Regler am Lichtpult waren zudem schon SO ALT, dass sie die Tendenz hatten, Scheinwerfer auszuschalten, wenn Karsten den Regler nur berührte. Also wann immer er die Finger an den Regler legte, um ihn dann aufs Stichwort zu betätigen, gab es erst einmal ein BLACK. Das hat er zum Teil dann aber gar nicht gesehen, weil er gerade dabei war, den Ghettoblaster-CD-Player, der da noch in der Technik-Loge rumstand schnell als Ersatz zu installieren, um endlich die richtigen Toneinspieler abspielen zu können.
Schon bei einer gut besuchten, deutschen Vorstellung wäre das ziemlich furchtbar gewesen; aber auf ENGLISCH in einem SEHR DÜRFTIG BESETZTEN Raum... Puh. Dennoch war die Resonanz der Zuschauer anschließend geradezu euphorisch, alle mochten unser Stück und feierten unsere Improvisation.
Am Mittwoch hatten wir dann eine Einladung in den Harvard-Club. Anläßlich Shakespeares 450. Geburtstages wurde dort ein Preis an Frank Langella für sein Lebenswerk verliehen. Langella spielte in der Verfilmung von FROST/NIXON den Präsidenten. Der Chairman des Harvard-Clubs, verwies in seiner Rede darauf, dass wir am Sonntag im Harvard Club spielen würden und dass wir in der deutschen FROST/NIXON Inszenierung an den Hamburger Kammerspielen mitgespielt haben. Da hatten wir mit Mr. Langella natürlich gleich etwas Gesprächsstoff.
Außerdem haben wir den Abend sehr ausgiebig mit dem Schauspieler und Filmregisseur Todd Graff geplaudert, er hat in James Camerons ABYSS und Kathrine Bigelows STRANGE DAYS mitgespielt. Und Tony Lo Bianco aus FRENCH CONNECTION.
Wie geil ist das denn?!
Unsere zweite Vorstellung im Players Club am Freitag war dann viel, viel besser; technisch lief alles einwandfrei, es waren deutlich mehr Zuschauer da und wir waren auch sehr viel sicherer. Die Reaktionen waren ungeheuer positiv. Es waren viele Mitglieder des Clubs da, also andere Schauspieler, die total begeistert waren von unserer schauspielerischen Präzision und von der Tatsache, dass wir über 2 Stunden komplett ohne Bühnenbild oder anderen Schnickschnack auskommen. Und unser BEIDER Englisch sei so gut gewesen, dass man alles super gut verstanden hätte. Da waren wir doch schon auch ein bißchen stolz.
Unsere dritte und letzte Vorstellung am Sonntag im Harvard-Club war auch ziemlich klasse. Der Raum, in dem wir spielten, war zwar riesig, ein bisschen wie die Grand Central Station, aber man hatte uns eine kleine feine Bühne an die eine Seite des Raumes gebaut - leider durften wir im gesamten Club weder fotografieren noch drehen. Echt schade! - Insgesamt ist die Stimmung dort allerdings auch deutlich steifer gewesen als im Players Club, aber dennoch waren die Zuschauer schließlich ganz auf unserer Seite.
Und begeistert, wir haben tolle Einträge in unserem Gästebuch!!!!
Jennifer hatte vor der Vorstellung Harvey Keitel an der Bar des Clubs getroffen, leider ist er aber nicht in unsere Vorstellung gekommen.
Auch zielmlich schade!
Ganz unerwartet hat uns dafür aber ein Indischer Geschäftsmann nach der Vorstellung seine Visitenkarte gegeben und uns eingeladen in Indien zu spielen, eine Tour durch diverse indische Städte - da tut sich ja nun mit einer Milliarde Indern ein ganz neuer "Markt" auf - mal sehen, was sich daraus entwickelt.
Vor allem haben wir aber in Lorcan Otway einen großen Fan gefunden; er betreibt das Theatre 80 im East Village, ein sehr atmosphärsiches 200 Plätze Haus, genau das, was wir uns gewünscht haben.
Sobald wir unseren Jetlag einigermaßen im Griff haben, widmen wir uns also den Planungen für eine baldige Rückkehr nach New York und eine Wiederholung des Ganzen an einem "richtigen" Theater....
Ole sitzt derweil mit gefühlten dreitausend Stunden Filmmaterial im Schnitt-Studio und arbietet an der Fertigstellung der von euch so großzügig finanzierten Dokumentation.
Spätestens wenn diese fertig ist, melden wir uns wieder bei den Supportern, die sich eine DVD als Dankeschön gewünscht haben. Alle anderen Unterstützer, die auf ihre Vorstellungen, 5-Gang-Menüs und Plakate warten, kontakten wir in den kommenden Tagen.
Viele (zur Zeit knallwache) Grüße von
Jennifer, Michael, Ole & Karsten