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Dennis Klein

Deutschland / Tübingen

[bI]st der Mensch behindert, oder wird er von der Gesellschaft behindert gemacht?

Dieser Frage nachzugehen, sollte für ein Jahr Ziel einer Reise um die Welt sein. Mit vielen Ideen und Fragen in meinem Kopf schulterte ich im August 2013 meinen schwer bepackten Rucksack und machte mich zuerst auf den Weg in die Türkei.

Es war eine Reise ins Ungewisse, denn ich wusste nicht, welchen Menschen ich in all den Ländern begegnen sollte oder wie sich im Laufe der Zeit meine ursprüngliche Frage verändern würde. Sicher war nur, dass ich auf Menschen mit Behinderung treffen wollte, um ihr Leben mit meiner Kamera zu porträtieren. Ich wollte ihnen die Möglichkeit geben, über ihre Erfahrungen, Probleme und Empfindungen zu sprechen und sie erzählen lassen, wie es sich anfühlt, im jeweiligen kulturellen, sozialen oder religiösen Kontext mit einer Behinderung seinen Alltag zu bewältigen. Mein Film sollte ein Sprachrohr werden und denjenigen Menschen eine Stimme verleihen, deren Recht auf Selbstbestimmung durch Barrieren und Klischees auf unterschiedliche Art und Weise eingeschränkt wird. Das war der Plan. Damit begann ich meine Reise. Nicht klar war mir zu diesem Zeitpunkt, welche enge Verbindung die Themen Armut und Behinderung haben und wie intensiv Religion ihren Teil zum Umgang mit Behinderung beiträgt.

Mittlerweile sind drei Jahre vergangen. Viele Reisen wurden nach meiner Ankunft erneut unternommen. Hunderte Stunden Bildmaterial füllen meine Festplatten. Was ich mitgebracht habe, sind Geschichten von aus meiner Sicht unschätzbarem Wert, deren Inhalte für mich ins öffentliche Bewusstsein gehören. Mein Filmmaterial überstieg bei weitem meine anfänglichen Vorstellungen. Ich habe auf meiner Reise Menschen gelauscht, ihre Erzählungen mit meiner Kamera eingefangen, schaute mir das Haus, die Familie, die Umgebung, das Dorf an. Ich konnte nicht fassen, wie Menschen für ihr Recht auf ihr Leben kämpfen, wie sie sich für Anerkennung und Teilhabe aufopfern müssen und dabei gegen massive Widerstände ankämpfen. All das hat auch mich und die Sicht auf das Thema Behinderung verändert. Ich war oft verzweifelt, dass ich nach meinen Begegnungen keinen Mut und keine Ideen hatte, wie ich all dieses Leiden und Schwierigkeiten aus eigener Kraft lösen könnte. Ich hätte gern allen geholfen und am Ende drehte ich mich um und verließ das Haus. Ich sagte mir immer wieder, dass ich ja nur der Typ mit der Kamera sei, der jeden Ort auch wieder verlassen konnte. Und vielleicht dachte ich auch, dass man strukturell kaum etwas bewegen kann, wenn man nicht von Amt und Würde ist.

Auf meinem Weg begegnete ich vielen Menschen, die auf die unterschiedlichste Art und Weise in entwicklungspolitischen Initiativen engagiert sind. Gemeinsam beginnen Menschen überall auf der Welt , kleine soziale Revolutionen zu starten. Und oft haben sie dabei nicht auf die Unterstützung des Staat gewartet. Sie sind aktiv geworden, weil es Zeit war, weil sie sich vernetzt haben. Gemeinsam sind sie dabei, ein neues Bewusstsein zu schaffen und Wege zu finden, eine Gesellschaft zu fordern, die jedem Menschen, den vollen Zugang zu allen Menschenrechten gewährt. Diese Geschichten müssen erzählt werden. Weil sie mutig sind. Weil sie zeigen, wie einfach wir unsere Welt gestalten können, wenn Menschen es wollen. Als Lehrer an deutschen Schulen sah ich oft den Widerstand, eine Schule für alle Kinder zu organisieren. Sprach ich mit meinen Freunden mit Behinderungen über ihre Sorgen und Ängste, so wurde mir oft gesagt, dass Institutionen und Politiker häufig argumentieren, dass ein besserer Standard des Lebens nicht für alle von uns möglich ist. Weil uns scheinbar für solch eine Gesellschaft entsprechende Ressourcen fehlen. Denn irgendwie scheint es zu teuer zu sein, die Wünsche von Menschen mit Behinderungen ernst nehmen. Auf meiner Reise habe ich oft das Gegenteil gefunden.

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