Stefan Ruthenfranz - Wer nichts wird, wird Achtsam ( Berlin)
'Wer Nichts wird, wird Achtsam', erklang es höhnisch von der Reling. Aus diesem Grunde wurstete sich der Siebenspeck durch seine sechshundert Dukaten aus Hafermehl, und rief 'Ahoi, Matrosen, wohlauf!', als sich das Schiff, bespannt mit drei Segeln, die in außerordentlich interessanten Farben sich blähten im Winde, in den Hafen der Scheinehe hineinschob. Schaumig schlugen die Wellen um seinen Bug herum, und Käpt'n Siebenspeck gab den Befehl zur Übergabe der Informationen. Das war vielleicht ein Erlebnis. Möglicherweise aber auch nicht. Denn auf einmal wachte der Kapitän auf und merkte, dass das Schiff eigentlich eher so eine Art Zeppelin war. Plötzlich war er richtig wach, erinnerte sich an seinen eigentlichen Namen, und blickte sich in seiner Kajüte um, die durch die Wasserbewegungen, denen das Schiff heillos ausgeliefert war, auf und ab wogte. Die Öllampe flackerte und ließ die Kissen, in denen der Kapitän gebettet war, ihre englischrote Farbe pulsierend an ihre Umweld abgeben. Von diesem Anblick inspiriert, glitt er in seine Fantasieuniform hinein und stellte sich stramm, stolz und voller Würde vor seinen Spiegel. Doch sogleich zerfloss er zu einem Ball aus pistaziengrünem Schleim, um wenig später wieder aus diesem hervorzugehen, als der, der er so ungefähr war. Seine Prothese war altmodisch, es ließe sich durchaus von einem Holzbein sprechen, wenn es nicht aus einem Mammut-Stoßzahn geschnitzt worden wäre, und ebensowenig den linken Arm ersetzt hätte. Aber auch das war beides nicht der Fall. Zur Zeit der Segelschiffe gab es bereits Metall, und aus genau diesem Material bestand sie auch, die Prothese, welche nämlich sein Nasenbein ersetzte. Und das war jetzt auch wirklich so. Käptn Elberfeld wurde aus diesem Grunde auch 'Der Mann mit der lustigen Nase' genannt, jedoch hörte er dies nicht so gern.
Stefan Ruthenfranz kommt dieses Jahr mit neuen Bildern und einem neuen Buch.