GreenUp Sahara: Wie ging es weiter?
Heute versorgen wir euch noch einmal mit Neuigkeiten zu GreenUp Sahara. In diesem Blogartikel erfahrt ihr, wie es mit unserem Herzensprojekt weiter ging und wo wir jetzt stehen.
Neue Versuchsreihe: auf der Suche nach den besten Zutaten
Nachdem sich unser erster Versuch förmlich in Luft aufgelöst hat und wir nur die Trockenreste der Nährstofflösung in den Fässern gefunden hatten, hieß es für uns: weiter am Aufbau des Versuchs tüfteln. Scheitern gehört immer wieder zu unserem Alltag im Labor, aber in der Wissenschaft führen diese Rückschläge oft zu neuen Erfahrungen und ungeahnten Erkenntnissen. Unser erster Ansatz nach dem Fehlversuch war, die Zusammensetzung der Lösung zu ändern. Wir haben uns also nochmal intensiv mit den Zutaten beschäftigt. Da der Laborbetrieb am Institut während der Corona-Pandemie eingeschränkt war und die Versuche nicht wie geplant in Algerien durchführt werden konnten, haben wir die Inhaltsstoffe, die wir eigentlich vor Ort in Tindouf erproben wollten, in Deutschland besorgt.
Hier war unsere Kreativität gefragt! Denn es war gar nicht so einfach, in Stuttgart an Tierausscheidungen oder getrocknetes Tierblut zu kommen. Mit der Unterstützung des Stuttgarter Zoos ging es dann aber los, wir konnten wir die Materialien beschaffen und mit den Versuchen loslegen. An dieser Stelle sagen wir ein großes Danke an den Stuttgarter Zoo! In verschiedenen Kombinationen und Aufbereitungsverfahren testen wir nun die Zusammensetzung von Tierausscheidungen, gemahlenen Knochen, getrocknetem Blut von Tieren und Essensresten. Unsere Erkenntnisse teilen wir regelmäßig mit unseren Partnern, bis wir das optimale Ergebnis haben.
Noch eine Erkenntnis reicher: Die Sache mit der »Teebeutel«-Lösung
Mit unserer »Teebeutel«-Lösung (auf unserem Blog haben wir dazu berichtet) sind wir einen Schritt weiter und konnten die Frage lösen, ob der Gärprozess der Nährstofflösung am besten in einem Fass oder in mehreren Töpfen in Gang kommt. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile. Wenn alles in einem Fass behandelt wird, ist es von der Handhabung natürlich einfacher. Jedoch reagieren unsere wichtigsten Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K) unterschiedlich bei verschiedenen pH-Werten, Sauerstoffgehalten und in Anwesenheit weiterer Stoffe. Eine Hypothese, die wir aus den Versuchen abgeleitet haben, ist die Konkurrenzsituation zwischen unterschiedlichen Mikroorganismen bei zu vielen verschiedenen Komponenten. Das Ergebnis: der Prozess in einem Fass ist ineffizienter als der Ansatz über mehrere Reaktoren.
Zwar ist der zweite Ansatz mit mehreren Fässern etwas aufwendiger, bietet aber den Vorteil, dass man in den Reaktoren individuelle Ressourcen behandeln kann. Da es dann nur eine Art von Nahrung für die Mikroorganismen gibt, können sich diese besser vermehren und das Substrat effizient umsetzen. Darüber hinaus kann man sich die Nährstofflösung je nach Bedarf zusammensetzen. Bei Blattgemüse bedarf es mehr Stickstoff, bei Fruchtgemüse mehr Kalium im späteren Pflanz-Stadium. So könnte man unterschiedliche Pflanzen kultivieren und müsste nicht immer wieder neue Nährstofflösungen erzeugen. Wir freuen uns sehr, dass wir beim Aufbau des Gärprozesses also einen wichtigen Schritt vorangekommen sind.
Mehr Vernetzung, mehr Wissen, mehr Wirkung
Mit diesen Erfahrungen tauschen wir uns regelmäßig mit anderen Hydrokultur-Forschenden aus – was uns immer wieder auf neue Ideen bringt. Im vergangenen Jahr haben wir sogar einige Partner hinzugewonnen. Neben dem World Food Programme (WFP) Innovation Accelerator arbeiten wir jetzt sehr eng mit der Organisation Oxfam Belgien, der Universität Lüttich und der Universität Hohenheim zusammen. Hinzugekommen ist auch die Jomo Kenyatta Universität in Nairobi (Kenia). Unser Netzwerk wächst und wächst und wir haben unseren regionalen Fokus, der zunächst auf Algerien lag, erweitern können. Denn wir haben bei unserem Engagement bei der WFP Plattform »H2Grow« gemerkt, dass die Herausforderungen, die Taleb Brahim und die Sahrawis in Algerien haben, auch in anderen Teilen der Welt bestehen. Die Frage, die sich viele Hydrokultur-Forschende und -Farmer auf der Welt stellen, ist: Wie versorgt man die Pflanzen im hydroponischen System mit ausreichend Nährstoffen, wenn keine fertigen Düngemittel zur Hand sind?
Eine super komplexe und unheimlich spannende Frage. Umso besser, dass wir mit unserem Partnernetzwerk diese gemeinsam angehen können. Mit dem WFP haben wir zum Beispiel zwei Online-Workshops organisiert, die sich mit diesen Themen beschäftigen. (Bei Interesse schaut nochmal in das Recap Video vom »H2Grow Research Event«.) Teilgenommen haben Hydroponik-Expertinnen und -Experten, sowie interessierte Kleinbauern aus der ganzen Welt. Im Janaur waren wir auf dem »Global Forum for Food and Agriculture 2023« zusammen mit unseren Partnern. Auf dieser Fachtagung wurde diskutiert, wie wir Ernährungssysteme transformieren und eine weltweite Antwort auf multiple Krisen finden. Wir durften hier unsere Hydroponik-Lösungen zusammen mit Oxfam Belgien und dem WFP und unser Projekt GreenUp Sahara vorstellen.
Für alle Hydrokultur-Fans: Unsere Doku der Ergebnisse
Der Austausch mit Gleichgesinnten bestärkt uns immer wieder bei unserer Vision: möglichst viele Menschen weltweit mit Gemüse, das in Hydrokultur angebaut wird, zu versorgen. Damit noch mehr Expertinnen und Experten auf unseren Erkenntnissen aufbauen können, gehen wir nun verstärkt das Dokumentieren unserer Ergebnisse an. Wir schreiben gerade an zwei wissenschaftlichen Publikation: an einer zu den Ergebnisse unserer Nährstoffversuche, und an einer zu der Integration einer Desinfektion der Nährstofflösung. Daraus entwickeln wir die nächsten Forschungsideen zur Weiterentwicklung von Hydrokulturen mit Nährstofflösungen auf Basis organischer Reststoffe. Was hat nicht funktioniert? Was müssen wir verbessern? Was könnte uns weiterbringen? Was wurde noch nicht untersucht? Wir wollen es allen Menschen, die über den Globus hinweg an Hydroponik forschen, kostenfrei zur Verfügung stellen. Solltest du Interesse an diesen wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben, melde dich gern bei Marc.
Weiter gehts... mit »NexusHub«
Zu guter Letzt freuen wir uns euch verkünden zu können, dass wir mit »NexusHub« die Förderung für ein Folgeprojekt erhalten haben. Die Idee, mit Hydrokultur Gemüse in Wüstenregionen anzubauen, gedeiht also weiter. Möglich gemacht hat das nicht zuletzt eure Crowdfunding-Unterstützung. Mit euren Spenden konnten wir die Vorversuche starten. Die Medienpräsens während und nach der Crowdfunding-Kampagne führte dazu, dass wir Kooperationspartner wie das WFP, Oxfam und zahlreiche Universitäten gefunden haben. Der Verlauf von GreenUp Sahara hat vor Augen geführt, dass gerade Weg nicht immer der einzige ist und dass Umwege zum wissenschaftlichen Prozess gehören. Aber sind es nicht vor allem Fehler, aus denen wir oft am meisten lernen können?
Mit den Erfahrungen aus GreenUp Sahara starten wir voller Elan ins Folgeprojekt. In »NexusHub« können wir mit anderen Hydroponik-Begeisterten aus der Fraunhofer-Familie und unserem weltweiten Netzwerk an unserer Vision forschen. In NexusHub haben wir gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT und der Jomo Kenyatta Universität an einer PV-betriebenen Systemlösung gearbeitet, in der die Aufbereitungsanlagen für die Nährstofflösung, sowie das Hydroponik-Modul mittels erneuerbarer Energie betrieben werden. Zentraler Baustein der Plattform ist das Gewächshaus, das mit Hydrokultur betrieben wird. Im Februar 2023 besuchten uns zwei Forschende der Jomo Kenyatta Universität am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart.
Weitere Infos und eine Publikation
Infos zu »NexusHub« gibt es auf der Webseite der Fraunhofer-Zukunftsstiftung. Aus diesem Projekt ist eine wissenschaftliche Publikation entstanden, die die Ergebnisse gut zusammenfasst. Für alle Interessierten geht es hier direkt zur Publikation »Design and Implementation of Energy-Water Nexus Management in a Solar-Powered NFT Hydroponic System«.
Wir danken euch an dieser Stelle für eure Unterstützung, die persönlichen Nachrichten, euer motivierendes Feedback und vor allem für euer Vertrauen! Wir bleiben weiter dran – an der Vision, dass Hydrokultur ein echter Game-Changer sein kann!
Bleibt gesund und grüne Grüße
Marc und das GreenUp Sahara-Team