Korrektur! "Jungfernhäutchen" - ein Mythos
Werte Unterstützer:innen,
Das ich das Buch updaten, erweitern und verbessern würde, war mir bewusst.
Doch, dass ich etwas korrigieren muss, nach all der Recherche und Augen die bereits drüber geschaut haben, hätte ich nicht erwartet.
Zum Glück gab mir eine Gynäkologin Feedback zu einem weit verbreiteten Irrglauben bzgl. des "Jungfernhäutchens", den ich, zumindest teilweise, mit vervielfältigt habe.
Daher hier nun die aktualisierte Version des Abschnittes dazu, welcher jetzt auch Teil der Leseproben auf meiner Website ist.
„Jungfernhaut“ & die erste Regel
Die Existenz einer „Jungfernhaut“ ist ein hartnäckiger Mythos. In der ersten Version dieses Buches habe auch ich dazu leicht falsche Informationen vermittelt und geglaubt. Man sieht hier die Bedeutung von Austausch und Feedback. (Updates zum Buch teile ich im Newsletter, den ihr auf www.das1x1desSex.de findet.)
Alle Frauen haben einen „Hymen“ oder besser gesagt eine „vaginale Korona“. Diese dient aber nicht nachweislich dem Schutz der Vagina, also dem Zugang zum Fortpflanzungsorgan. Nach der Gynäkologin Dr. Mandy Mangler kann man noch nicht einmal an der vaginalen Korona erkennen, ob eine Person schon penetrativen Sex hatte:
„Jede Person, die eine Vagina und Vulva hat, bei der kann diese Hautfalte gesehen werden. Egal, ob diese Person null mal Sex hatte oder einmal oder tausendmal. Egal, ob sie Kinder geboren hat oder keine und egal, welches Alter sie hat.“
Der Hymen ist ein dehnbarer, kranzartiger Schleimhautsaum, meist bestehend aus mehreren Hautstücken, die sich 1-2 cm hinter dem Eingang befinden und unterschiedlich geformt und positioniert sein können. Er ist eine 1-5 mm hohe Hautfalte, die medizinisch wenig Bedeutung hat, aber viel mit Emotionen und Konzepten beladen wird. In den meisten Fällen ist das Gewebe so elastisch, dass es beim Sex gar nicht einreißt. Nur bei etwa 1-2% der Frauen verschließt dieses Gewebe den Eingang, sodass es operativ geöffnet werden muss, um die Regelblutung zu ermöglichen. Die meisten Frauen bluten auch nicht beim ersten penetrativen Sex. Wenn Penetration wehtut, liegt es eher daran, dass der Beckenboden verkrampft ist oder es durch fehlende Erregung zu wenig natürliche Lubrikation gibt und so durch Reibung Schmerzen entstehen, von denen Frau vielleicht denkt, sie seien beim ersten Mal normal. (In Lektion 11 „Sex beginnt mit einer Fußmassage.“ lernen wir, wie wir uns der Penetration* auf gesunde Weise nähern. *Oder vielleicht besser: der „Cirklusion“ – der aktiven Aufnahme eines Objektes/Penis.)
Man braucht sich also keine Sorgen darum zu machen, dass ein Hymen kaputtgehen könnte, während man seinen eigenen Körper erkundet oder damit spielt. Als Fazit aus all den Interviews, die ich für dieses Buch geführt habe, und aus persönlichen Gesprächen empfehle ich auch, sich selbst gänzlich zu erkunden und sich von solchen Konzepten nicht davon abhalten zu lassen, das Innere der eigenen Vagina dabei einzubeziehen. In jedem Fall bleibt das erste Mal penetrativer Sex „das erste Mal“ und würde, wenn man dieses Konzept denn nutzt, weiterhin als „Entjungferung“ bezeichnet werden – mittlerweile rate ich aber von diesem Begriff ab. Dr. Manglers Kommentar dazu hat mich überzeugt:
„Wollen wir die Menschen wirklich einteilen in ‚penetriert worden‘ und ‚noch nicht penetriert worden‘?“
– Die Informationen und beide Zitate von ihr stammen aus dem Gyncast Podcast „Mythos Jungfernhäutchen“ Hier entsteht eine Teilung in „brav“ oder „wild“, die genauso schädlich ist wie die gesellschaftliche Erwartung, die „Ehre“ der „Entjungferung“ dem Ehemann zu überlassen. Dieses Konzept hat etwas von einem Besitzanspruch und sich sicherlich durchgesetzt, weil es zu Zeiten fehlender Verhütung uneheliche Kinder verhindert und somit wertvolle Ressourcen geschont hat. Darüber hinaus wurde dadurch sicherlich auch die Übertragung von Geschlechtskrankheiten eingedämmt. Das scheinen zumindest rational die Gründe zu sein. Sehr wahrscheinlich hat(te) es jedoch auch oder gar mehr damit zu tun, dass Männer die Sexualität von Frauen bändigen woll(t)en. (Mehr dazu in Lektionen 50 und 52.)