Alter, was geht?!
Ein Mädchen aus der Kindergruppe, bei der ich mitarbeite, las vor ein paar Wochen einen Text aus der Bibel, dem Buch „Korinther“, vor. Weil ihr die Aussprache des Namens schwerfiel, meinte sie ganz cool: „Ach ich sag einfach 1. Corona 12 Vers 27.“ Das Virus infiziert alle Lebensbereiche und Gespräche. Es wird zur Herausforderung, noch andere Themen zu finden!
Ich kann es sehr empfehlen, sich zwischendurch Geschichten, Artikel, Musik, Bilder, Comedy, Gedichte (!!)… zu geben, die fernab jeder Infektionskrise liegt!
Damit melde ich mich aus meiner eigensauferlegten Isolation, neben mir ein Stapel guter Literatur und mein Notizbuch. Ich habe in der letzten Woche so viel gelesen, wie vermutlich im ganzen bisherigen Jahr noch nicht. Freunde erzählen mir, sie hätten mal wieder ihren Zeichenblock von Staub befreit, das Stricken erlernt oder Omas Kuchenrezepte ausprobiert. Dieser mysteriöse Virus scheint auch Einfluss auf unseren Kreativitätssinn zu haben- aber hier weniger zerstörerisch!
Die Isolation besteht für mich nur halbtags, da ich mich in der übrigen Zeit im Krankenhaus aufhalte, um mich dort zur Krankenschwester (offiziell Gesundheits- und Krankenpflegerin...) ausbilden zu lassen. Ihr könnt Euch vorstellen, dass dort gerade Polen offen ist (entschuldigt bitte den Ausdruck). Meine Arbeit dort, besonders mit den Menschen, deren Alter das meiner üblichen Homies weit übersteigt, hat auch die Texte des Albums sehr beeinflusst.
Dazu jetzt: Sie erzählen mir Geschichten aus anderen Zeiten und verändern damit meinen Blick auf die Welt. Sie bringen mir bei, dass diese nicht immer so war, wie ich sie vorgefunden habe. Sie helfen mir die Gegenwart besser zu verstehen und entfachen einen Willen, die Zukunft zu gestalten. Kurz: Die Oldies und der Kontakt zu ihnen wurden zu einer unfassbaren Inspiration für mich. So entstand z.B. „Oldtimer“, welcher auf dem Album zu hören sein wird. (Und natürlich inspirierte mich mein guter alter Opa, den Ihr auf dem Bild seht.)
Ich entdeckte auch eine Affinität zu der Sprache und den Wörtern, die sie verwenden und stellte mir die Frage: Wohin verschwinden eigentlich die Wörter, die keiner mehr spricht? Und was würden sie uns mitteilen wollen, wenn sie könnten? So erblickte der Text „Vergissmeinnicht“ das Licht der Welt. In dem Zusammenhang begegne ich täglich einer Krankheit, die mich gleichermaßen zum Lachen und auch Weinen bringen kann: Morbus Alzheimer und die Symptomatik der Demenz. Der Umgang mit den betroffenen Menschen hat mich wiederum betroffen gemacht und ich konnte nicht anders, als meinen Verdruss in einen Worterguss zu verwandeln. Das Ergebnis könnt ihr im Text „Vergessenslücken“ hören.
Leute, ich hab so Bock auf diese Pladde und es erfüllt mich mit großem Frohsinn, wann immer Menschen dazukommen, die diesen Bock teilen!
Nutzt die Zeit, um Euch mit Kreativität zu infizieren und Kunstkonserven zu horten!
Damit körperkontaktlose Grüße,
Eure Leah