Schülerstreiche im digitalen Unterricht
Anfangs hatte die Lehrerin sich über die Aufmerksamkeit gefreut, mit der die Klasse dem trockenen Digital-Matheunterricht scheinbar folgte. Dann aber wurde sie misstrauisch. Allzu gebannt verharrten einige der Achtklässler*innen vor dem Bildschirm. Konnte das mit rechten Dingen zugehen?
Während es bei der Umstellung auf Digitalunterricht an einigen Stellen noch heftig ruckelt, passten sich zumindest die Schülerstreiche recht schnell den neuen Gegebenheiten an, wie etwa das oben genannte Beispiel zeigt: Anstatt dem Unterricht vor dem Bildschirm zu folgen, blendet man zwischendurch einfach mal ein Standbild ein und chillt unterdessen auf dem Sofa. Ebenfalls beliebt ist es, Lehrer*innen oder einzelnen Mitschüler*innen den Ton abzudrehen – oder aber durch das Abspielen lauter Musik jeden Dialog unmöglich zu machen.
Streiche gehörten schon immer zum Schulalltag dazu – und irgendwie ist es ja auch verständlich, dass gerade in der jetzigen Ausnahmesituation Schüler*innen auch mal Dampf ablassen müssen. Nichtsdestotrotz ist vonseiten der Eltern und Lehrer*innen höchste Aufmerksamkeit erforderlich. Schnell kann nämlich eine als Scherz gedachte Aktion aus dem Ruder laufen. So berichtete etwa der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am 9. Februar unter dem Titel „Pornografie im digitalen Unterricht“ von einem neuen bedenklichen Trend:
Externe Störer torpedieren den digitalen Unterricht. Neben Pöbeleien und dem Einspielen lauter Musik kommt es dabei auch immer wieder zu sexistischen Beleidigungen – auch gegen Lehrer*innen – und Einblendungen pornografischer Bilder. Wer da noch von einem harmlosen Streich spricht, verkennt die Realität. Zugang verschaffen sich die Störer zumeist über die Anmeldedaten von Schüler*innen, die diese ihnen im Vorfeld bereitwillig zur Verfügung stellen. Ob sie sich über das Ausmaß vorab immer im Klaren sind, sei dahingestellt.
Alarmierend sind auch die Ergebnisse eines Schulgipfels, zu dem die NRW-SPD 300 Schüler, Lehrer, Eltern und Politiker eingeladen hatte. Nicht nur die Vermittlung des Unterrichtsstoffes unter erschwerten Bedingungen gibt Anlass zur Sorge. Die wenigsten Kinder verfügen nun einmal über die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren. Gleichzeitig stoßen viele Eltern bei der Aufgabe, neben dem Home Office auch noch den Nachwuchs angemessen zu unterstützen, an ihre Grenzen.
Mindestens ebenso alarmierend ist die Tatsache, dass der Digitalunterricht Mobbing und Ausgrenzung fördern kann. Spätestens, wenn der Lehrer verlangt, die Kamera einzuschalten, wird offensichtlich, welche Klassenkamerad*innen in prekären und beengten Verhältnissen leben – und dadurch leicht zur Zielscheibe von Spott und Häme werden.
Zeit, etwas zu tun!