Tag 6 im Studio - Fast wie Heimat
Kopfzerbrechen - richtiges Kopfzerbrechen hat es mir gemacht, den letzten Studiotag zu organisieren. Die Ausgangslage war klar. Wir haben noch drei Lieder offen, die nochmals gemacht werden müssen. Es braucht dabei Klarinette, Klavier, Cajon und jeweils die passende Sängerin plus Waldhorn, weil uns das in der Instrumentensammlung noch fehlt.
Und dann - das Schwierige am Ganzen - müssen wir einen Tag finden, an dem alle können, jetzt in Novemberstress, bei dem Weihnachtskonzertproben zur Tagesordnung von Musiklehrern gehört. Christine winkt als erstes ab, sie hat keine freie Zeit mehr zur Verfügung. Simone ist klar in ihrer Info, es geht erst am Dezember. Was, Dezember.... seufz. Nochmals zwei Wochen, bis wir die Aufnahmen abschliessen können.
Doch irgendwie klart der bewölkte Himmel auf und es kristallisiert sich ein Dienstag, der erste des Monat Dezember heraus als der letzte Aufnahmetag, der Tag 6 im Studio. Da können wirklich alle Protagonisten. Einziger Schönheitsfehler, es gibt ein knappes Zeitfenster UND es ist mein Unterrichtsvormittag und ich kann nur phasenweise dabei sein.
Zusätzlich muss ich idealerweise nochmals einen Sänger auftreiben, denn Christine steht ja nicht zur Verfügung. Der Traum der Männerstimme steht wieder auf.... davon haben wir noch nicht so viele auf der CD...also schreibe ich wieder an die Unbekannten per whatsapp, die ich schon im November anheuern wollte, freundliche Gesellen, Konservatoriumsstudenten, die man gewinnen könnte.... ist die Musikschule und das Tonstudio doch immerhin in der Nachbarschaft.
Ich hab ein bißchen Glück, Michael winkt diesmal nicht von vornherein ab, sondern signalisiert Bereitschaft. ja prima. Dann kommt zwar an einem Novemberabend dennoch die Absage, aber er macht es sehr elegant und höflich, denn er serviert mir gleich einen Ersatz mit. Ein Glücksfall. Der sangeswillige, junge Mann, Clemens ist auch wirklich bereit, die zwei letzten Lieder zu singen.
Er bekommt die Noten und das Aufnahmedatum und sichert mir sein Kommen zu.
Ein paar Tage Entspannung angesagt.
Dann ist Montag abend, der Tag vor den letzten Aufnahmen. Aber eben, reibungslos fühlt sich anders an... denn Simone schreibt, dass sie krank ist - OH NEIN!
Ausgerechnet das Bewegungslied und ausgerechnet sie, hatten wir doch den Dezembertermin vor allem auf sie abgestimmt. Eine Nachfrage bei Christine ergibt, sie kann NICHT. Keine Überraschung. EIn vorsichtiges Nachfragen bei Clemens.... willst du vielleicht auch noch , hmm, ääh, das Bewegungslied singen, also das komplizierte mit dem vielen Text und so......
Clemens ist cool, er sagt ja und kommt eine Stunde früher ins Studio. Um 9.00 steht er auf der Matte.
Mikros sind gerichtet. Alfred ist auch da, das Piano steht am Platz, ABER die Noten für die Bläser, die sind nur im Computer und nicht auf Papier.
Es findet sich eine Lösung, nur leider beginnt das Proben schon wieder mit 25 Minuten Verspätung, dabei ist das Zeitfenster eh so verdammt knapp.
Ich coache Clemens durch das textlastige Bewegungslied.... er schlägt sich tapfer, Strophe für Strophe nehmen wir es auf. In Häppchen sozusagen, verdaubaren Dosen. Das Ende kann ich grad noch abwarten, dann muss ich zurück in den Unterricht.
Tut mir leid, Musikobra, jetzt musst du doch ohne meinen Senf auskommen. Ein paar Einwände kann ich noch einstreuen, sie soll nur ja bitte nicht hüpfen, die Kobra. und orientalisch klingen ist sehr symphatisch.
In der Entspannungspause der Eltern und ihrer Kinder, als der Igelball alle zur Ruhe bringen soll, fetze ich wieder in den Keller und erwische gerade eine Strophe vom Herbst. Übrig geblieben sind noch Klavier und Horn und Clemens, der sein letztes Lied für die CD singt. Klingt irgendwie sehr schön. Ein bißchen traurig bin ich schon, ich hätte noch gern die Kantele untergebracht, aber das lag nicht mehr drin. Dafür hat das Horn einen schönen und saftigen Auftritt.
Überhaupt fällt auf, die Musiker einen ruhigen Puls haben, gut gelaunt sind, bei Fehlern eben nochmals starten und deswegen nicht nervös werden, Späßchen machen und sichtlich Freude an dem haben, was sie tun, nämlich musizieren. die häufige Wiederholung ist Teil ihres Alltags, so wird etwas nahezu perfekt und wie schön, sich immer wieder aufeinander einzutunen, abzustimmen, sich hören, sehen, wahrnehmen, gemeinsam atmen, verschmelzen im Klang.
Liebe Kollegen, DANKE für die zahlreichen, wertvollen Erfahrungen, die ich mit und durch Euch machen konnte. Ich bin keine Musikerin - das wurde mir klar - ich bin ein kreativer Projektmensch, der was anleiert und dafür auf wunderbare Kollegen zurückgreift - tausend Dank jedem Einzelnen, der Teil des Projekts geworden ist. Ihr seid ein Geschenk und ein Segen!