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Klaus von Wrochem

Deutschland / Köln

Klaus der Geiger
Klaus der Geiger, mit bürgerlichem Namen Klaus von Wrochem, verdient seit über 40 Jahren sein Geld als Straßenmusiker. Der mittlerweile 76jährige lebt sein Leben auf eine aufregende und aufreibende Art. Als politisch engagierter Liedermacher trägt er mit Stolz den Ehrennamen „Asphalt-Paganini“. Kaum hat er seine Geige auf der Straße ausgepackt, fasziniert er die Passanten. Ob wütend, satirisch oder emotional – jede Gefühlsregung ist echt. Wenn er die Geige auf seine unnachahmliche Art spielt, wachsen Klaus und Klang zusammen.
Klaus der Geiger ist bundesweit vor allem innerhalb der linksalternativen, anarchistischen und der Graswurzel-Bewegung bekannt - nicht nur auf den Straßen, sondern auch auf politischen Demonstrationen und in sozialen Bewegungen. Er setzt sich in seinen Texten und Aktionen immer wieder für die Völkerverständigung ein und übernimmt eine Funktion als engagierte Stimme des Volkes. So spielte er bei den Protesten im Mai 1980 in der Kölner Südstadt zur Erhaltung der stillgelegten Schokoladenfabrik Stollwerck als alternativen sozialen Treffpunkt zusammen mit Wolfgang Niedecken (BAP). Sein politisches und kulturelles Engagement bringt ihm im Laufe der Jahre unzählige Prozesse und sogar Gefängnisstrafen ein.
Klaus unterscheidet sich von anderen Straßenmusikern und Geigenvirtuosen durch seine außergewöhnliche Spielweise, die seine Stücke einzigartig und unverkennbar machen. Seine grundlegende Technik erlernte er bei dem Violinpädagogen Max Rostal (Kölner Musikhochschule), aber seine unverkennbare Spielart lernte er auf der Straße.

Sein Leben
Am 20. Januar 1940 wird Klaus im Osterzgebirge in Sachsen geboren. Er wächst in gut bürgerlichem Hause im Erzgebirge und Berlin mit 4 weiteren Geschwistern auf. Im Alter von 8 Jahren beginnt er Geige zu spielen.
1960 beschließt er, nach Köln zu ziehen, um dort sein Violine-Studium für klassische Musik an der Musikhochschule Köln zu absolvieren. Nebenher verdient er sein Geld als Aushilfsgeiger in unterschiedlichen Orchestern und beim Westdeutschen Rundfunk.
Nach gut fünf Jahren Studium wird dem Freigeist der konservative Drill zu viel. Klaus, der nach eigener Aussage nie einschlägig nach Art und Technik der Professoren geübt hat, wird im selben Jahr von der Musikhochschule suspendiert. Der musikalische Rebell provoziert seinen Ausschluss mit einem 20-seitigen Pamphlet gegen die Hochschule, in dem er die Art des Lehrens und des Lernens kritisiert. Drei Tage vor seiner Prüfung vervielfältigt er das Schriftstück und verteilt es in der Mensa. Die Folge ist ein Gespräch vor dem Tribunal der Professoren.
Klaus heiratet im Jahr 1965. Nach dem Abbruch seines Musikstudiums erhält er ein Komponisten-Stipendium in Buffalo und San Diego in den USA, wo er für 5 Jahre lebt. Dort studiert er unter anderem bei Pauline Oliveros „Komposition der Avantgarde“ und kommt mit dem Herzen der Hippiebewegung in Kontakt. Der weltberühmte Dirigent Lucas David engagiert Klaus als Gastdozent und Orchestermusiker in Buffalo, New York. In dieser Zeit komponiert er außerdem als moderner Komponist einige Stücke. Um 1968 kommt es dann zum Bruch mit dem bürgerlichen Leben.

Stationen
1970 wird der Dozentenvertrag nicht verlängert und Klaus kehrt nach Deutschland zurück. Er zieht mit seiner Familie in eine Kommune ein. Nach seiner Rückkehr geht er als Politbarde mit Geige und Bogen auf die Straße und nennt sich fortan Klaus der Geiger.
1973 erscheint seine erste Solo-LP mit dem Titel „Arbeit macht frei“.
1977 ist er auf Demonstrationen gegen den Bau eines Atomkraftwerks in Brokdorf aktiv und unterstützt die Protestierenden mit seiner Geige und seinem Gesang. So gehen sie im Friesennerz und Gummistiefeln über die Straßen, Schleichwege und Wiesen entlang der Wettern nach Brokdorf, um nach kilometerlangen Märschen an ihr Ziel zu kommen. Der Kampf gegen die Atomkraft und für die Umwelt bewegt Klaus bis heute.
Seit 1980 unterstützt er sympathisierend die Kölner Hausbesetzerbewegung. Im Jahr 1986 bekommt er von einem südamerikanischen Straßenmusiker, der abgeschoben werden sollte, die Melodie vom Song „Mutter Erde“ geschenkt, den er mit dem Refrain „Erde, wir sind deine Kinder“ vertont und bis heute gerne spielt.
In den 1990er Jahren bekommt er wieder Gefallen an der klassischen Musik und beginnt mit dem Aufbau des Kölner Kunstsalon Orchesters, das mittlerweile seit mehreren Jahrzehnten Konzerte gibt.
1992 wirkt Klaus beim sozialkritischen Song „Himmel“ der Kölner Kapelle „De Höhner“ anlässlich des antirassistischen Großevents der „AG Arsch huh, Zäng ussenander“ auf dem Kölner Chlodwigplatz mit.

Sein Werk
Zwischen 1972 und 2021 veröffentlicht Klaus der Geiger verschiedene Tonträger. Anfang der 1990iger Jahre nimmt er mit den Kölner Kabarett-Punks „Heiter bis Wolkig“ seinen Song „Nein nein wir woll´n nicht Eure Welt“ als Punk-Rock-Version auf. Eine Biographie in Buchform erscheint 1996 mit dem Titel: „Klaus der Geiger: Deutschlands bekanntester Straßenmusiker erzählt“ im Verlag Kiepenheuer und Witsch mit einem Vorwort von Günter Wallraff. 2009 erscheint das biographische Liederbuch namens: „Wir kennen alle das Paradies“, diesmal mit einem Vorwort von Wolfgang Niedecken.
Auch im Ausland wird Klaus mit kritisch-politischen Aktionen aktiv. 1998 fliegt er zum Beispiel nach Tokio, um auf die Missstände der Obdachlosen auf Japans Straßen aufmerksam zu machen. Im Jahr 2000 tritt er mit zwei weiteren Künstlern spontan während einer Straßenmusikertour vor dem weißrussischen Palast auf, um gegen die Politik Präsident Lukaschenkos zu demonstrieren. Im Jahr 2011 bekam Klaus die alternative Auszeichnung „Ehren-Ruth“ für sein Lebenswerk verliehen.
Heute leitet Klaus das Orchester des Kunstsalons Köln und gibt Kurse in Improvisation. Seit 2014 spielt er mit seiner Tochter Antje von Wrochem das Kleinkunstprogramm „Hommage an Karl Valentin und Liesl Karlstadt“. Ab Herbst 2016 gibt er zusammen mit dem langjährig befreundeten Musiker Marco Pankow (Punk Kabarett Heiter bis Wolkig) das Liederprogramm „Protest“. Mit Marius Peters zusammen gibt er Konzerte als congeniales klassisches Duo. Für 2022 entsteht auf Initative von Marco Pankow hin das Album „Klaus der Geiger Rockt!“ mit Rockfassungen seiner historischen Straßensongs, eingespielt mit Unterstützung von Elf von Slime an der Gitarre und Olly von den Ex-Abstürzenden Brieftaben am Schlagzeug.

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