Drei ganz bezaubernde Frauen. Teil 1
So gern beginne ich heute damit, euch die Hauptpersonen für unseren Fonds vorzustellen. Die Frauen, aus deren Händen und Herzen die Reparaturen und Schmuckstücke entspringen. Ich habe sie darum gebeten, uns etwas über sich selbst zu schreiben und hier kommt der erste Text von Aleksandra Zdravkovic:
„Die Verkürzung des Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen unserer heutigen Zeit.“ Thomas Sattelberger, ehem. Personalchef der Telekom AG.
Ist ein Zitat aus dem Film "Alphabet" von Erwin Wagenhofer, welcher sich so eindrücklich mit unserem Bildungssystem, unserem Lern- und Leistungsverständnis auseinandersetzt. Ich lasse das Zitat erstmal so stehen, in der Hoffnung, dass es sich irgendwie mit meinem Text verbindet. Wenn nicht, lasse ich es wohl trotzdem stehen, einfach der Aussagekraft wegen. Der Film hat mich berührt.
Ich bin Aleksandra, 36 J., eine von denjenigen, die die schönen Räubersachen reparieren. Ich komme aus Hamburg, wo ich mit meinen zwei Kindern, Louie (7 J.) und Nora (2 J.) und Benjamin, dem Papa lebe.
Ich habe ein Diplom in Modedesign und begeistere mich seit vielen Jahren mit der Auf- und Umarbeitung von (gebrauchten) Textilien. Seit ein paar Jahren bin ich selbstständig und bearbeite neben Eigenkreationen auch Aufträge, die weitestgehend mit Textil- und Lederveredelung zu tun haben.
Als ich auf Räubersachen aufmerksam wurde, war das ein ganz besonderer Moment. Da war plötzlich jemand, der so viel vereinte, was ich gut finde. Und wonach ich gerade suchte. Zu dem Zeitpunkt nämlich z. B. einen Job, der mich möglichst nicht vom Rest meines Lebens trennen sollte. Also einer, der sich mit meinem Familienalltag, meiner Selbstständigkeit und meinen Überzeugungen verträgt. Und Räubersachen erzählte von kunstvollen Handarbeiten, die in die Reparatur von schönsten Öko-Mietsachen für Kinder flossen. Konnte ich erst gar nicht fassen.
Ich liebe das "langsame" Arbeiten! Dazu gehört die Herausforderung ans handwerkliche Geschick und das ausgiebige Probieren, das Spielen mit Formen und Farben, mit Techniken und Texturen. Und zwar bis etwas sitzt. Manchmal komme ich dabei in Stress. Weil mir bewusst wird, das muss irgendwie schneller, die Zeiten sind vorbei, kein Studium mehr, kein Hobby.. Das bezahlt dir keiner. Das raubt mir manchmal die Lust, manchmal tun die Grenzen aber auch gut.
Wenn etwas Neues durch mich entsteht, immer ein bisschen anders, weil es sich entwickeln darf, wenn ein Werk gelungen ist, dann jubele ich, WHOOOOOP!!!
Wenn andere sich freuen über meine Arbeit, dann ist das ein sehr sehr gutes Gefühl. Dann wird mir gaaanz warm ums Herz und in meinem Bauch tanzt was.
Ich liebe und lebe viele Facetten des Großstadtlebens, manchmal nervt mich aber auch die viele Abwechslung und das Überangebot.
Erst als Mutter erlebe ich, wie erholsam es ist, sich auf die Natur verlassen zu können. Wir können Gebären, wir können stillen, wir können Freude empfinden und anhand derer so spielerisch lernen. Solche Gedanken bündeln meine Aufmerksamkeit, und ich bemerke, wie mir das eine Richtung gibt im Wirrwarr und Vertrauen. Mit dem Muttersein bestaune ich auch immer bewusster die perfekten Kreisläufe der Natur, all die kleinen und großen Wunder, die so schützenswert sind. Wie weich die Regeneration in den Leistungsprozess eingebettet liegt, wie rhythmisch und verlässlich Neues entsteht. Nachhaltigkeit auf höchstem Niveau.
Manchmal ist Handarbeit auch so. Ein kleiner nachhaltiger Kreislauf, in dem Leistung und Erholung Hand in Hand gehen. Das liebe ich sehr am Handarbeiten.
Und dass ich durch Reparaturen den Dingen eine Langlebigkeit beschere, sie vor stinkenden, bedrohlichen Müllbergen bewahre. Die schönen, kleinen Kleider, in denen noch der Duft ganz besonderer Zeiten hängt.
Jackpot dachte ich damals, Jackpot denke auch heute noch, wo ich schon mit drin stecke in diesem tollen Projekt. Ich glaube, dass Räubersachen ein bemerkenswertes Beispiel abgibt, wenn es darum geht, diesen schlimmen Entwicklungen entgegen zu wirken, von denen der Sattelberger spricht. Deshalb halte ich das Konzept von Räubersachen für unbedingt unterstützenswert. Den Reparaturfonds außerdem, und nicht nur weil ich unmittelbar davon betroffen bin.
Es beeindruckt mich wirklich sehr, auf welche Weise die Umsetzung einer Idee auf den Weg gebracht wird! So viel Achtsamkeit, Kreativität und Herzblut. So viel Arbeit, gute Arbeit! Neue Wege. Danke dafür, Ihr lieben Räuber!