Fingernägelschwarzlackierer und Totenkopfringträger
Liebe Menschen,
Gestern haben wir nicht nur die 50.000 EUR-Marke geknackt, unsere TRAUMA TALES-Kampagne steht im Augenblick auch kurz davor, die 51 Geschichte werden zu lassen. 50.956 EUR, 739 Unterstützer, 658 verkaufte Gesamtpakete – wir haben bereits jetzt mehr Geld eingenommen als mit der letzten SAMSAS TRAUM- und der vergangenen WEENA MORLOCH-Kampagne zusammen. Dies verdeutlicht, wie wichtig euch das nächste Album ist; dass wir in den kommenden sechs Monaten an „Tineoidea II“ arbeiten können, haben wir euch zu verdanken. Musik ist im Leben vieler Menschen von großer Bedeutung – schade, dass sie im letzten Jahrzehnt im Bewusstsein eines Großteils der Bevölkerung an Wert verloren hat.
1991 schaute ich mit meiner Schwester täglich „Dial MTV“ – die Zuschauer konnten für ihre Wunschclips anrufen. Das Rennen machten meist NIRVANAs „Smells like teen spirit“, „Under the brigde“ von den RED HOT CHILLI PEPPERS, „I can’t dance“ von GENESIS oder „God gave Rock’n Roll to you“ von KISS. Wir sind im Wohnzimmer zur Musik ausgeflippt, haben den Flip auf Kassette aufgenommen und später einer Klassenkameradin als Beweis dafür vorgespielt, dass wir krasser flippen können als sie. In einem Plattenladen in Dillenburg kaufte ich das erste Band-Shirt meines Lebens – auf ihm war das Cover des KISS-Albums „Destroyer“ zu sehen. Im Dillenburger Leichtathletikverein, zu dessen Mitgliedschaft ich zehn ekelerregende Jahre lang gezwungen wurde, hat man mich wegen des T-Shirt nach Strich und Faden ausgelacht und gehänselt. Ich weiß nicht, was mir damals die Kraft gegeben hat, meinen Weg als Musikliebhaber stoisch weiterzugehen; wahrscheinlich war es die Musik selbst. Anstatt das T-Shirt nicht mehr zu tragen und Konflikte zu vermeiden, habe ich mir zusätzlich die Fingernägel schwarz lackiert und Totenkopfringe angesteckt. Mein Vater sagte mir einmal im Urlaub am Frühstückstisch, dass ich die „scheiß Ringe“ ausziehen soll, weil ich wie eine „Schwuchtel“ aussähe.
Es ist schwierig, die Brutalität, die uns angetan wird, später nicht auch anderen anzutun, und manche Erinnerungen wollen nie verblassen. Dass ich immer Musik für Fingernägelschwarzlackierer, Totenkopfringträger und Schwuchteln gemacht habe, weiß ich erst, seitdem mir zum letzten Vatertag ironischerweise das Album „Destroyer“ von KISS auf Vinyl geschenkt wurde.
Unsere Kampagne läuft noch drei Tage – für alle Außenseiter der Welt.
.:A:.