Bundestag lehnt Hartz-IV-Petition ab
Heute fand im Bundestag die Debatte über die Petition (46483) zur Abschaffung von Sanktionen im SGB II (Hartz IV) und SGB XII (Grundsicherung) statt. Über einen Änderungsantrag forderte DIE LINKE den Bundestag auf, die Petition zu unterstützen. Als Petentin war ich mit dem Team von Sanktionsfrei vor Ort. Sanktionen sind aus meinen eigenen Erfahrungen absolut kontraproduktiv und bringen nur unter Druck in kurzweilige Beschäftigung; wenn überhaupt. Stattdessen bringen sie Ängste und Resignation. All dieses gehört geschreddert. Und so schredderte das Team von Sanktionsfrei und Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion vor dem Bundestag Sanktionsbescheide.
Nach der Debatte twitterte Katja Kipping (Die Linke): „Wer nicht spurt, bekommt Existenznotpeitsche – das ist politisches Mittelalter. Das gehört überwunden.“ Auf den Punkt getroffen. Impulsiv und emotional ging es Kipping nochmals darum, die Folgen der Sanktionen für Erwerbslose, aber auch für den Arbeitsmarkt und deren Beschäftigten aufzuzeigen.
War Udo Schiefner (SPD) der Meinung, dass die Stimmenanzahl und Likes unwichtig wären, weil jede Petition ernst genommen werde, so urteilte Andreas Mattfeld (CDU): „Sanktionen sind eine Motivationshilfe. Wir brauchen sie. Ein Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen wäre unverantwortlich.“
Weit an der Realität vorbei argumentierte Markus Paschke (SPD), dass die „erfolgreichen“ Jugendberufsagenturen weitgehend ohne Sanktionen auskämen. Als Beispiel nannte er Hamburg. Doch gerade dort ergab meine letzte Anfrage (Drs. 21/4009), dass die Sanktionsquote bei den jungen Menschen 54 Prozent aller Vollsanktionen in Hamburg ausmachen. Auch ist hier die durchschnittliche Sanktionshöhe um ein Viertel höher und beträgt durchschnittlich 131 Euro pro Monat als bei den über 25jährigen, die 106 Euro beträgt. Während die SPD also eine Entschärfung der derzeitigen Sanktionspraxis bei den unter 25jährigen fordert, halten sie in der Praxis daran fest.
Von Seiten der CDU wurde die Frage laut, ob sie nicht zu großzügig seien. Ein ganzes Menschenbild in einem Satz! Insgesamt hielten sich die Redner von CDU/CSU eher mit Beiträgen zu bürokratischen Abläufe von Petitionen auf, anstatt sich des Themas zu widmen. Die Petition selbst war offenbar nicht hinlänglich bekannt. Auch Ergebnisse von der Regierung eingeforderter Expertisen wurden völlig verkehrt wiedergegeben.
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90 / Die Grünen) stellte in ihrer Nachfrage gegenüber der CDU richtig fest, dass ein Bild des arbeitsfaulen Erwerbslosen dargestellt wurde. Eine wirkliche Antwort darauf gab es nicht durch die CDU.
Am Ende wurde abgestimmt: geschlossen fraktionsgebundene Stimmabgabe und Ende der Debatte! Eine klare Absage gegen über 90.000 Unterzeichner*innen der Petition. Während CDU und CSU der Frage nachgehen, ob sie nicht zu großzügig seien, ignorieren sie die Anliegen zahlreicher Bürger*innen.