Geplante Hartz IV-Reform kürzt ausgerechnet bei Alleinerziehenden
Gastbeitrag von Johanna Kleinschrot
Alleinerziehende gehören in Deutschland zu den Gruppen mit dem höchsten Armutsrisiko überhaupt. Insbesondere alleinerziehende Frauen. Jetzt soll ausgerechnet bei ihnen noch mehr gespart werden. Und das, obwohl bereits sowohl das Kindergeld, als auch das Elterngeld als Einkommen auf die ALG II-Leistungen angerechnet werden. Eine Regelung, die es so in keinem weiteren EU-Staat gibt.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf veröffentlicht, nämlich den “Entwurf einer Neuregelung zur temporären Bedarfsgemeinschaft im SGB II”. Ein Statement von Bundesministerin Nahles dazu lautet: “Mit dem Gesetz zur Rechtsvereinfachung werden wir die Arbeit der Jobcenter nachhaltig erleichtern.”
Das mutet fast schon ironisch an – denn nach einer Vereinfachung klingt zumindest die Änderung für Alleinerziehende nicht: Plangemäß soll Alleinerziehenden das Geld für die Tage gestrichen werden, an denen das Kind bei dem jeweils anderen Elternteil ist.
Ein Beispiel: Ist, wie in über 90% der Fälle, die Mutter die Hauptverantwortliche und erhält ALG II, und besucht das Kind den Vater immer von Freitagabend bis Samstag, dann wird der Mutter an vier Tagen, nämlich an allen Samstagen des Monats, Geld abgezogen. Doch logischerweise muss die alleinerziehende Mutter auch an diesen vier Tagen den Mehraufwand für z.B. die Mietkosten mit Kind bezahlen.
Und es wird noch komplizierter: Vielleicht ist es samstags mal später geworden und das Kind möchte gern bei Papa übernachten und am nächsten Vormittag von Mama abgeholt werden. Dann ist das Kind zwar den Großteil des Sonntags bei der Mutter, dennoch greifen die Kürzungen an diesem Tag. Denn für die Berechnungen ist maßgeblich, bei welchem Elternteil das Kind am entsprechenden Tag zuerst ist. Das heißt im Klartext: Wo es aufgewacht ist.
Zur Veranschaulichung: Der Regelbedarf für Kinder von ALG 2-Beziehenden beträgt bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 237 Euro und vom 7. bis zum 14. Lebensjahr 270 Euro. Das sind dementsprechend etwa 8 bzw. 9 Euro pro Tag – und bei vier Samstagen etwa 36 Euro weniger. Das ist nicht nur unfair, es ist auch bei Weitem keine Vereinfachung. Wie viel bürokratischen Aufwand wird es kosten, Nachweise über Betreuungszeiten einzuholen?
Im schlimmsten Fall bedeutet die Neuregelung, dass Alleinerziehende es sich nicht mehr leisten können, das Kind tageweise an den jeweils anderen Elternteil abzugeben – und das schadet letztlich vor allem denen, die sowieso schon unter der Situation leiden: Kindern, die in prekären Einkommensverhältnissen aufwachsen müssen.
Wann haben die Verkürzungen endlich ein Ende? Helft mit Sanktionen abzuschaffen! Spendet noch bis zum 9. Mai auf sanktionsfrei.de.