Bergfest - Danke für eure Unterstützung
Liebe Crowd,
zum "Bergfest" meiner Crowdfunding-Kampagne möchte ich euch schon einmal ganz herzlich für eure Unterstützung danken. Dank euch steht die Finanzierung bislang bei 57% - schon mehr als die Hälfte!
Ich freue mich sehr, dass ihr an mich und an "Solang du lieben kannst" glaubt.
Als kleines Dankeschön vorab und Vorgeschmack auf das Buch schicke ich euch eine kleine Szene, die vor der Handlung des Romans spielt.
Ich wünsche euch viel Spaß mit Lenes Versuchen als Konditorin.
Habt ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße
Hanne
Alles nur Ei(n)bildung?
„Habt ihr heute Nachmittag Zeit? Dann kommt uns doch noch einmal besuchen.“
Mormors Stimme klang hoffnungsvoll durchs Telefon. Ich ließ meinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen. Es war geputzt, die Osterdeko war aufgestellt – die Feiertage konnten kommen. Sören lungerte im Sessel und löste nur widerwillig den Blick von seinem Handy, als ich ihn ansprach.
„Hmm, ich hab zu tun“, murmelte er und widmete sich sofort wieder dem Bildschirm.
Zum Glück konnte er so mein Augenrollen nicht sehen. Er hatte den ganzen Tag schon am Handy geklebt und sich nur so viel wie absolut notwendig am Hausputz beteiligt. Was konnte er jetzt zu tun haben? Es hatte jedoch keinen Zweck zu fragen – mir, seiner kleinen Schwester, würde er es ohnehin nicht verraten. Egal, dann würde ich meine Großeltern halt allein besuchen.
Am Nachmittag stand ich neben Mormor in ihrer kleinen Küche, ein großes Paket Marzipan und ein nicht wesentlich kleineres Paket Nougat-Masse vor mir.
„Lieb, dass du mir hilfst, Lene. Ohne Påskeæg kann es doch nicht Ostern werden.“
Mormor lachte verschmitzt und zerteilte Marzipan und Nougat in kleine Stücke. Ich sah ihr neugierig zu und schämte mich gleichzeitig ein bisschen – denn obwohl Påskeæg seit meiner Kindheit zu Ostern dazugehörten, war mir nie der Gedanke gekommen, dass Mormor sie selbst machte. Die gefüllten Marzipaneier sahen immer so perfekt aus.
„Schau, du nimmst ein Stück Marzipan und umwickelst damit ein Stück Nougat“, erklärte meine Großmutter und machte mir vor, wie es ging. In Windeseile hatte sie das Marzipan zu einem Ei geformt. Sie nickte mir zu und mutig griff ich nach einem Nougatwürfel und einem Stück Marzipan. Das Umwickeln klappte recht gut – aber das, was hinterher in meiner Hand lag, hatte eher Ähnlichkeiten mit einem aus der Form geratenen Brot. Definitiv kein Ei.
„Wie bekommst du die so schön rund?“
Mormor griff erneut nach den Zutaten und formte sie langsam mit den Händen. Ich versuchte mir jede Bewegung einzuprägen, aber auch das zweite, dritte und vierte Ei verdiente den Namen nicht.
Am liebsten hätte ich die Marzipanklumpen an die Wand geworfen. Mormor schien meine Frustration zu spüren.
„Sei nicht ungeduldig, das braucht etwas Übung.“
Ich fragte lieber nicht, wie lang „etwas“ war. Hoffentlich nicht, bis ich selbst eines Tages Oma war. Aber ich wollte Mormor nicht enttäuschen und irgendwie hatte mich nun auch der Ehrgeiz gepackt. Zwar waren die Påskeæg, die nach einer halben Stunde vor mir lagen, längst nicht so schön, wie die, die Mormor vor sich ausgebreitet hatte. Aber immerhin sahen die jüngsten Exemplare nicht mehr ganz so schrecklich aus wie die ersten paar.
Ich machte ein Foto und schickte es in unsere WG-Gruppe. Was wird das wohl?
Wilma hing offenbar gerade am Handy und ihre Antwort kam postwendend. Marzipankartoffeln? Weihnachtsvorbereitungen?
Ich schickte ein lachendes Emoji zurück. Für mehr blieb keine Zeit, da Mormor mir Kuvertüre und einen Topf in die Hand drückte. Hatte ich gedacht, es sei schwierig, Marzipaneier zu formen, stand ich nun vor der Herausforderung, die Eier in der geschmolzenen Schokolade zu wälzen. Mormor steckte ein Ei auf eine Pralinengabel, tauchte es ein und zog es aus der Schokolade wieder heraus. Mein erster Versuch endete damit, dass ich das Ei in der Schokolade versenkte. Es dauerte ewig, bis ich das Ei wieder herausgefischt hatte, und auch dann war die glänzende Schokoladenhaut nicht glatt wie bei Mormors Ei, sondern wellig.
„Das macht keinen Spaß.“ Auch mein zweites Ei geriet gefährlich in Schieflage auf der Gabel.
„Seit wann gibst du so schnell auf?“ Mormor zog ein weiteres perfektes Ei aus der Schokolade.
Ich seufzte. Meine Großmutter wusste genau, wie sie mich packen musste. Kleine Spitzen und Neckereien spornten mich an. Einige Zeit später schickte ich ein weiteres Foto an meine Mitbewohnerinnen. Diesmal von den braun glänzenden Eiern. Auch Leonie hatte inzwischen geantwortet.
Danke, ich habe jetzt einen Ohrwurm von der Weihnachtsbäckerei.
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Der Weihnachtshase lässt grüßen, kommentierte ich.
Während die Schokolade trocknete, trank ich mit Mormor und Morfar Tee und aß Kekse, die ausnahmsweise nicht selbstgebacken waren.
„Es ist so schön, dich bei uns zu haben, Lene“, sagte Mormor. „Das passiert viel zu selten.“
Morfar nickte. „Das stimmt. Wenn du in Dänemark studieren würdest, könnten wir uns viel öfter sehen.“
Ich sah meine Großeltern über meine Teetasse hinweg an. Sie hatten recht, wir sahen uns wirklich zu selten, dabei liebte ich sie heiß und innig. Was, wenn sie eines Tages nicht mehr da wären – dann würde ich es sicher bereuen, sie nicht öfter besucht zu haben. Aber ich konnte doch schlecht mein Studium in Deutschland abbrechen und nach Dänemark ziehen.
„Hast du schon einmal über ein Auslandssemester nachgedacht?“
Verblüfft schüttelte ich den Kopf auf Morfars Frage. Wieso hatte ich noch nie diesen Gedanken gehabt? Er war so naheliegend. Schließlich hatten meine Eltern sich während des Auslandssemesters meines Vaters in Kopenhagen kennengelernt.
„Oh Lene, Morfar und ich würden uns so freuen. Und deine Mutter sicher auch.“
Ich nickte, wusste aber nicht, was ich dazu sagen sollte. Der Gedanke war noch zu neu. Aber er hatte sich in mir festgesetzt. Er ließ mich auch nicht los, als ich kurz darauf gemeinsam mit Mormor die getrockneten Schoko-Marzipaneier mit Streifen aus weißer Schokolade überzog. Das lag mir eindeutig mehr als das Formen der Eier.
„Na schau, sieht doch gut aus“, sagte Mormor zufrieden. „Noch ein bisschen Übung und im nächsten Jahr klappt es perfekt.“
Ein weiterer dezenter Hinweis, wie sehr sie sich wünschte, ich würde längere Zeit in Aarhus bleiben? Ich blinzelte eine Träne weg, die sich in mein Auge gestohlen hatte. Es gab noch so viel, was ich von Mormor lernen wollte, so viele Geschichten, die ich von Morfar noch hören wollte. Ich nahm eins meiner missglückten Påskeæg und biss hinein. Es schmeckte nach Ostern, Kindheit – nach Zuhause. Nein, jetzt wurde ich sentimental. – Oder?