Ostdeutsche Prostituierte
Es ist bekannt, dass Prostituierte den Tango maßgeblich geformt haben, damals, in den Bordellen der Hafenstädte Südamerikas. Wo kamen diese Frauen her? - In dem unten erwähnten Artikel der aktuellen Tangodanza schildere ich, wie osteuropäische Frauen - vorzugsweise mittellose Jüdinnen - von Schleppern nach Südamerika geschleust wurden. Sie folgten den zahllosen Auswanderern, die aus dem westlichen Russland und aus Polen (Galizien) in die europäischen Häfen strömten, wo die Überseedampfer ablegten.
Einer der Dreh- und Sammelpunkte war die damals oberschlesische Grenzstadt Myslowitz. Eine gewaltige Herberge (rechts im Bild) nahm die Ausreisewilligen auf; hier wurden sie medizinisch untersucht, bekamen die nötigen Ein- und Durchreisevisa, kauften die Schiffstickets.
Nach einer letzten Überprüfung gingen sie über diese geschlossene Brücke (im Volksmund 'Seufzerbrücke' genannt) in das Bahnhofsgebäude (links), wo der zischende, unter Dampf stehende Zug bereits wartete. In verplombten Waggons wurden die Emigranten dann bis an die Überseepiers von Hamburg und Bremerhaven transportiert.
Man achtete sehr darauf, dass diese ärmlich gekleideten, gepäckbeladenen Menschen nicht in Kontakt kamen mit den eleganten Bürgern der Städte, durch die sie reisten. Zerrissen waren sie zwischen der Liebe zur alten Heimat, die ihnen jedoch keinerlei Perspektiven bot, und der vagen Hoffnung auf eine bessere Zukunft am anderen Ende der Welt. - Ob in dem Türmchen eine Glocke geläutet hatte? Hier war es. Hier sind sie durchgegangen, zu Zehntausenden pro Woche. Genau hier.
Erbaut wurde die Auswandererbrücke im Jahre 1908. Wie das zweite Foto zeigt, steht sie noch. Die Fotos poste ich mit Erlaubnis der polnischen Plattform "Fotopolska.eu". Sie trägt den Untertitel "Gegen das Vergessen".