Tramprennen 2012 ist Geschichte, jetzt kommt das Magazin
30.08.12, Lacul-Surduc, Rumänien: Mit dem Radetzky-Marsch fahren wir zu viert in einem Clio nach Fardea ein, wo wir von 10 begeisterten Trampern in Empfang genommen werden. Das Tramprennen 2012 ist geschafft, rund 2000km haben wir in den letzten zwei Wochen ausschließlich per Daumen zurückgelegt. Eine nette Zahl, doch wenn man überlegt, das wir für die Rücktour lächerliche zwei Tage gebraucht haben, ist es nicht die Zahl die beeindruckt, sondern viel mehr das, was wir in den vergangenen Wochen, gefühlt Monaten, erlebt haben.
Nur ein Beispiel: An einer Gedenkstätte für die Opfer einer Schlacht des zweiten Weltkriegs in der Slowakei treffen wir auf einen Fotografen, der mit seinem Cabrio auf dem Weg zu einem Jazz-Konzert ist und uns selbstverständlich ein Stück mitnimmt. "Ist das nicht beeindruckend" sagt er. „Vor mehr als 60 Jahren haben sich hier unsere Vorfahren, ja vielleicht auch unsere Seelen, getroffen, mit gleichem Gemüt, aber schwer bewaffnet um sich gegenseitig zu töten. Und jetzt sitzen wir hier in meinem Auto, einem deutschen Auto, und ich kann euch mitnehmen und euch die Schönheit meines Landes zeigen."
Das Auto hatte er vor kurzem in Deutschland gekauft, das zeigte auch das Eiserne Kreuz, welches am Wagen angebracht war. Damit war in diesem Moment Schluss, ein Tramprenn-Aufkleber mit der Überschrift "NO-Borders" schmückt jetzt den Wagen und verdeckt das Symbol.
Am großen Ziel in Fardea sind wir um 15:00 Uhr und dort werden wir Zeuge, wie nach und nach über 100 Tramper aus 15 verschiedenen Ländern ankommen. Mal alleine im Auto, mal mit drei anderen Teams im LKW, mal mit 6 anderen Teams hinten in der Ladefläche eines Sprinters. Gefeiert werden sie alle, und auch sie feiern alle. Sich selbst, das Leben, ihre Freunde, das Tramprennen, und mit dazu die Tatsache, dass es alle zusammen geschafft haben, neben diesem ganzen Spaß mehr als 15.000€ zu sammeln, die dazu beitragen werden, das anderen Menschen, die das alles nicht erleben können, geholfen wird, sich selbst mit dem Existenziellsten zu versorgen, was auf der Welt gibt: Mit sauberem Trinkwasser.
Für uns ist das kein Problem, auch hier am Zielort: Wir gehen auf die andere Straßenseite und können uns im Dorfmarkt mit allem eindecken, was der Tramper braucht. Nicht nur das, schon nach wenigen Minuten werden wir von drei Frauen eingeladen, auf ihrer Wiese mit 120 Leuten zu übernachten. Es bleibt nicht die einzige Einladung, die Gastfreundschaft, die uns in Rumänien entgegenschlägt, ist schwer zu fassen. Genauso schwer wie die Stimmung, die in den zwei folgenden Tagen am Surduc See entsteht. Da liegt eine Energie in der Luft, die ich persönlich in diesem Maße noch nie gespürt habe. Da kommt kein Festival ran und auch kein Fußballspiel. Als der letzte Abend mit Geige, Gitarre, Palinka, Lagerfeuer und Stockbrot seinen Abschluss findet, kann ich kaum noch klar denken.
Die Euphorie ist in diesem Moment nicht beendet, sie trägt uns auch auf der Rückreise, als wir mit vier Kerlen gemeinsam Richtung Deutschland trampen. Auch dabei ist schon wieder so viel passiert, dass ich es kaum noch fassen kann. So viel und vor allem so viel Schönes, das unbedingt festgehalten werden muss. Wenn es eine zusätzliche Motivationsspritze benötigt hätte, dieses Magazin zu machen, dann war das Tramprennen 2012 die absolute Überdosis.
Es soll ein Geschenk von uns für uns werden, und ein Geschenk für unsere Freunde, Verwandten und Unterstützer. Eben auch an die Leute, die es mit ihren Spenden möglich gemacht haben, dass wir nicht nur für den Spaß, sondern auch für sauberes Trinkwasser durch Europa trampen und so viel erleben durften.
60€ sind bereits drin im Topf, 1500€ brauchen wir. Klingt ziemlich schwierig, aber wie oft standen wir schon an verlassenen Straßen und dachten: Hier kommen wir nie weg. Aussichtslos schien es, aber gestört hat uns das nie. Positiv denken, immer positiv denken, so die Devise, und so werden wir es auch schaffen, zu Weihnachten dieses wunderbare Magazin in der Hand zu halten!
Marco