Drehtagebuch 24.11.12 - 6. Drehtag „Blaustein-See“
Filmtagebuch zu „Und am Ende sind alle allein“: heute von Emilia de Fries (als Marie)
Ruby und die Gänse
5:30 Uhr: Der Wecker klingelt. Wir lassen uns Zeit, es ist schließlich noch sehr dunkel. Kaffee trinken, auf die anderen warten, Maske bei mir zuhause, dann ab zu Jonas in den Bus. Ein kleines Team, ist ja auch ein kleines Abenteuer.
Angekommen am Blaustein-See wird das Team etwas größer. Nein, Sancho und Carmen feiern nicht mit dem Rest der Beduinen in Bikini unterm Sonnenschirm und Camel-Cocktail schlürfend eine Seeparty, sondern uns erwartet im morgendlichen Nebel eine Armee von Gänsen. Vorneweg mit zwei-köpfiger, persönlicher Begrüßung. Ruby kennt ihre Sprache! Zu anfangs sehr diplomatisch, später muss sie Körpereinsatz zeigen. Hände klatschen, Füße stampfen und natürlich WWWIICHSEEER.
Dominique ist stark an unserer Seite, hat die Wärmflaschen und Decken im Griff für den Drehschluss. Überhaupt alle sind stark. Da haben Marie und Karl gerade den postsexuellen "zurück zur Realität"-Moment und man blickt hinter der Kamera und neben Kolja - der die Morgendämmerung schwinden sieht - in sechs zuversichtliche Augen, die einem sagen: macht weiter, alles ist gut.
Dann verpisst sich Karl, der Arsch, dabei wollt ich ihm ein Motorrad schenken und ich muss ab in den See. Irgendwie freu ich mich sogar darauf, denn diesen Sommer war ich im Mittelmeer, im Atlantik und im schwarzen Meer und letztens bei den Nachbarn in der heißen Badewanne und habe festgestellt, am glücklichsten bin ich als Fisch! Ja, in der heißen Badewanne und ja, diesen SOMMER!
Nun ist kein Sommer. Aber ey, ich habe extra kalt geduscht und bin früher auch im Winter in den Pool meiner Oma gesprungen. Das ganze noch mit Freiheit verbinden und zack ist die Marie gebacken. Also jetzt los, Handy rechts zu den Gänsen werfen, sollen die doch damit spielen und dann...kopfüber ins Wasser. Zuerst ist das Wasser ganz sanft zu mir, ich mache die Augen auf, es ist gelblich, wie so ein See halt meistens aussieht, ich mache zwei Züge, dann wird der See weniger sanft, wie eine Art Warnung zuckt es in meinem Nacken, ich komme hoch an die Oberfläche. Da stoß ich gleich ein Geräusch von mir: So langsam ist mein Gehirn hinterher gekommen, das Wasser ist einfach scheiße kalt.
Ich denke an Marie. Die schwimmt doch jetzt - ah ja , ein gelber Schwimmstopp-Ballon vor mir. Ca 10 Meter, na den schaff ich doch noch. Aber je näher ich komme, desto kälter wird es. Der See warnt nicht mehr, er schlägt mir mit einer Bratpfanne an meine Fesseln. Baby ich bin ne Nummer zu groß für dich, sagt er. Ich denk Macho. Also kein Kampfgeist jetzt bitte, vergiss den gelben Ballon! Ich kraule und mache Rückenschwimmen, vielleicht wird das dann wärmer und blicke mich endlich um. Sehe die anderen, die am Ufer stehen. Ja da will ich jetzt auch hin. Es geht aber nicht so schnell. Mein Körper ist verdammt kalt, also langsamer geworden, aber Ruhe bewahren. Also gut, ich bin ein Fisch und der Neoprenanzug darf weiterschlafen, der Wichser.
Am Ufer angekommen geht alles ganz schnell. Ab ins vorgeheizte Auto, zwei Wärmflaschen unter den Hintern, eine auf den Schoss, viele Decken und natürlich raus aus den nassen Klamotten, das lernt man ja schon als Kind.
9:30 Uhr: Wir treffen uns zum Frühstück in meiner Wohnung. Wir sind alle verwirrt, wie schnell das ging. Nach einem Riesenhunger, der gedämpft werden will, vielen Zigaretten und schließlich "The End" auf volle Pulle Lautstärke ist aber alles wieder hergestellt. Wir schmunzeln vor Erleichterung. Ich glaube am Ende waren‘s die Gänse.
Emmi