Die ersten demokratischen Wahlen!
Jetzt hören wir im Radio, dass es ein Referendum über die Verfassung geben soll. So war es schon einmal, im März 2011, als die damaligen Post-Mubarak-Machthaber, das Militär, über „ihren“ neuen Verfassungsentwurf auch abstimmen ließen. Man spürte fast eine Taktik, die hieß: Divide et impera-Teile und herrsche. Ägypten teilte sich in dafür/dagegen. Doch es war auch etwas Besonderes. Zum ersten Mal galt der Bürger etwas und wurde wirklich gefragt. Im März letzten Jahres konnte man so etwas wie eine Morgenfrühe der Demokratie spüren, die alle erfasste. Denn etwas war vorbei, und etwas Neues hatte zart begonnen. Eine nicht gekannte Lebendigkeit lag plötzlich in der Luft und verschönerte die Gesichter. Die Menschen wirkten befreit und euphorisiert, so als atmeten sie puren Sauerstoff. Überall wurde auf den Straßen diskutiert. Ganz Kairo - ein Parlament und Labor. Straßenbäume wurden in den ägyptischen Farben angemalt.
Doch der anfängliche Überschwang relativierte sich schnell. Und jetzt wiederholt sich die Geschichte mit einem neuen Machthaber, der das Volk wieder über „seinen“ Verfassungsentwurf abstimmen lassen will. Doch eine Mündigkeit hat sich entfesselt und lässt sich so leicht nicht wieder entmündigen. Die langen Wellen des Bewußtseins...