Synopsis
Im Jahr 1988 verlässt die 20-jährige Finnin Kirsi Marie Liimatainen - direkt nach dem Abitur und ihrer aktiven Zeit in der Hausbesetzerszene - ihre Heimatstadt Tampere und fliegt in die DDR. Sie und ihre Kommilitonen sind für ein Jahr an die FDJ-Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ nach Ost-Berlin eingeladen worden, um die Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus zu studieren. Die Studenten kommen aus der ganzen Welt, aus insgesamt 80 Ländern - beidseits des Eisernen Vorhangs. Sie sind Funktionäre, Befreiungskämpfer oder linke Aktivisten, die sich legal oder illegal im Untergrund in ihren Heimatländern engagieren. Das Spektrum ist breit, aber was sie alle eint ist die Hoffnung auf eine bessere Welt und die Bereitschaft dafür zu kämpfen. In der Schule herrscht eine überzeugende internationale Solidarität, aber der real existierende Sozialismus in der DDR ist ein widersprüchliches Erlebnis für Kirsi; die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis sind offensichtlich.
Im Sommer 1989 endet das Studienjahr und die Studenten verteilen sich in der ganzen Welt. Wenige Monate später fällt die Berliner Mauer.
24 Jahre später, begibt sich Kirsi Marie Liimatainen auf eine filmische Reise nach Nicaragua, Südafrika, Chile, Bolivien, in den Libanon, Deutschland und Finnland, um ihre früheren Kommilitonen wiederzutreffen. Was bedeutete ihnen der gemeinsame Traum der Befreiung aller Unterdrückten und was ist heute von ihrem Glauben übrig? Engagieren sie sich noch immer für den „kleinen Mann“ oder sind sie mittlerweile überzeugte Sympathisanten globaler Großkonzerne und des Neoliberalismus? Die Reise führt uns in die Länder, in denen der Sozialismus des 21.Jahrhunderts triumphiert, Ureinwohner um ihre Identität kämpfen, in jene Länder, in denen die Privatisierung im sozialen Sektor zunimmt, ehemalige Befreiungskämpfer in Blechhütten wohnen oder die Bücher von Marx und Lenin gegen religiöse Texte getauscht wurden.
Der Film ist eine Erzählung über die Vergangenheit, als Träume von einer besseren Welt noch möglich waren, von heute, wo politische Visionen ausgeträumt scheinen und von einer Zukunft, die für alle ungewiss ist.
Zur Entstehung- Directors Word
Ausgangspunkt des Films ist meine eigene Herkunft; als Kind einer Arbeiterfamilie im Finnland der Siebziger. Die Tradition meiner Familie und meiner Freunde, die Ideologie der finnischen linken Bewegung - das alles hat meinen persönlichen Werdegang beeinflusst. Sie prägen mein Weltbild, meine Werte und meine Lebenseinstellung bis heute. Ohne den Einfluss meines Hintergrunds hätte ich auch nicht die Entscheidung getroffen, an der Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ zu studieren. Ich verlor später meine Kontakte zu den anderen ausländischen Studenten aus der Jugendhochschule, aber ihre Geschichten trage ich in mir. Sogar heute sind meine alltäglichen Entscheidungen geprägt von meiner Treue zur internationalen Solidarität.
Als der kalte Krieg vorüber war, veränderte sich nicht nur das Leben der Menschen innerhalb Europas. In Südafrika endete die Ära des Apartheid-Regimes, in Chile verlor Pinochet die Macht, im Libanon endete der Bürgerkrieg und eine neue Spaltung durch religiös-politische Gruppen trat ein. In Nicaragua hatten die Sandinisten ihre Wahlniederlage zu verkraften und in Bolivien wurden die politischen Stimmen der Ureinwohner lauter. Als ich nach 24 Jahren meine damaligen Kommilitonen in ihrer heutigen Welt besuche, frage ich sie, ob es heute noch Gründe gäbe, für die es zu kämpfen lohne. Nach wie vor existiert keine Gleichberechtigung in dieser Welt, zudem ist der marxistische Kampfgeist verschwunden. Haben die Menschen sich alle angepasst und sind zufrieden mit den Werten der heutigen Welt - mit den neuen, globalen, wirtschaftlichen Richtlinien; mit den neuen immer jungen, gutaussehenden, konsumorientierten Menschen? Was ist vom Glauben an die Sozialistische Ideologie, Zusammengehörigkeit und internationale Solidarität übrig geblieben?
aktueller Stand
Wir haben die Dreharbeiten in 7 Ländern abgeschlossen und befinden uns derzeitig in der Postproduktion. Im Januar 2014 möchten wir den Film endgültig fertigstellen.Ein großer „Berg“ Arbeit liegt noch vor uns: Wir haben Filmmaterial in sieben Sprachen, u.a. Arabisch, Xhosa, Zulu und Finnisch, um nur einige zu nennen. Dazu müssen Untertitel und Übersetzungen angefertigt werden. Darüber hinaus gibt es einzigartiges Archivmaterial, private alte Fotos, Briefe und Postkarten, die wir einscannen und filmen. Die Recherche zu Archiv-Filmmaterial ist ebenso zeitaufwändig; die Preise in den meisten Filmarchiven sind für low-budget-Filmemacher nicht zu bewerkstelligen – wir mussten oft neue Lösungen finden. Die Rechteinhaber sind auf der ganzen Welt verstreut und sprechen oftmals kein Englisch. Die Verhandlungen sind dementsprechend kompliziert. Die politischen Lieder stehen auch im Focus des Filmes und die Rechte für die Liedtexte und Melodien liegen in mehreren Händen – oft sogar in mehreren Ländern.
All diese Arbeiten fallen parallel zum Schnitt, zur Tongestaltung und Filmmusik-Komposition unseres Films an und müssen schnellstmöglich zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.
„Comrade, where are you today?“ ist ein persönlicher Dokumentarfilm, der versucht Antworten für die Attraktivität und spätere Krise der internationalen linken Bewegung zu finden. Die politischen Beweggründe der Menschen werden differenziert betrachtet und der Kontext des Kalten Krieges aufgezeigt. Was wurde im Namen der Ideologie tatsächlich erreicht und wo war jeder Einzelne nur Marionette auf dem politischen Spielfeld? Eine persönliche Reise durch Zeit und Raum; von der Überzeugung der internationalen Solidarität, bis zur Enttäuschung über eine ideallose Welt und der ewigen Suche nach Gerechtigkeit.
In der Geschichte der Jugendhochschule am Bogensee spiegelt sich auch die Geschichte des Kalten Krieges wider. Die ehemaligen Studenten der Schule kämpften in Chile gegen das Regime von Pinochet, gegen die Contras in Nicaragua und im bewaffneten Untergrund Südafrikas gegen die Apartheid. Mit Archivmaterial vom Sturz Salvador Allendes, von Straßenkämpfen in Soweto und in Santiago de Chile, vom Israelischen Angriff auf den Libanon und dem sich später anschließenden libanesischen Bürgerkrieg, dem Krieg zwischen Contras und Sandinisten und auch dem Bolivianischen Wasserkrieg werden die Herkunft und Hintergründe unserer Figuren und die Geschichte ihrer Heimatländer erlebbar gemacht. Die politischen Lieder, mit denen man die geschichtlichen Zusammenhänge und dramaturgischen Verknüpfungen lebendig machen kann, spielen im Film eine besondere Rolle - sogar im gegenwärtigen Material: eine ehemalige Studentin singt spontan ein Lied von Mercedes Sosa, ein Freund stimmt ein Lied von Victor Jara an. Diese Situationen sind sehr bewegend und der Film ist ohne diese Szenen nicht denkbar. Hierzu müssen wir jedoch die kompletten Musikrechte erwerben! Mit dem einzigartigen Archivmaterial und den politischen Liedern können wir im Film den historischen Kontext besser verdeutlichen, zudem können wir die Hintergründe der Protagonisten zeigen. Auf dieser visuellen und auditiven Ebene können wir emotional erzählen, welche Zustände in ihren Ländern herrschten, als sie sich den Widerstandsbewegungen, Untergrundbewegungen und der Kommunistische Partei anschlossen und Kommunisten und Kämpfer wurden.
Es war eine große Leistung für unsere kleine Firma, die Dreharbeiten bis zu Ende zu führen. Die damit verbundenen Reisen konnten wir nur durch Unterstützung unserer filmschaffenden Bekannten und Freunde durchführen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind unsere Ersparnisse aufgebraucht und uns fehlen noch finanzielle Mittel, um den gesamten Postproduktions-Prozesses durchzuführen - Übersetzungen, Porto und Telefonkosten, Raum-Mieten, Grafik, Tongestaltung, Filmmusik und insbesondere die Musiker für die Aufnahmen und später für die PR-Arbeit - Plakate und Flyer.
LAST BUT NOT LEAST – vor allem die Rechte für Archivfilmmaterial und die Rechte der politischen Lieder, sind eine starke finanzielle Belastung, so dass wir die Lizenzen nur mit Eurer Hilfe erwerben können!
Ihr seid unsere Hoffnung!
Bitte unterstützt dieses Projekt!
Kirsi Marie Liimatainen war selbst Studentin an der Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ in der DDR.
Nach ihrer Rückkehr aus der DDR im Sommer 1989 studierte sie zunächst Schauspiel an der Universität in Tampere. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Schauspielerin am Theater, beim Film und beim Fern-
sehen. 1999 kehrte sie nach Deutschland zurück, diesmal um in Potsdam-Babelsberg an der Filmhoch-
schule Regie zu studieren. „Modlicha“, „Frühlingshymne“ und ihr Diplomfilm „Sonja“ liefen weltweit erfolgreich auf Festivals. Zuletzt erregte sie mit dem sensiblen Spielfilm „Festung“ Aufmerksamkeit für das Thema häusliche Gewalt. Zu ihren anderen Arbeiten zählen die TV-Serie „Alavilla mailla hallanvaara“ und das Projekt „The Scream of the Butterfly“ (in der Pre-Produktion). Kirsi Liimatainen war außerdem Stipendiatin der DEFA Stiftung, des Nipkow Programms, der Akademie der Künste, der Finnischen Kulturstiftung und nahm am Residenzprogramm des Filmfestivals in Cannes, CÉCI, Binger Film Lab, Torino Film Lab und dem Residenzprogramm Saari der KONE-Stiftung teil. Zurzeit arbeitet sie an dem Dokumentarfilm „Comrade, where are you today?
Mehr Info:
http://www.ilangafilms.com/
https://www.facebook.com/comrade.film
Teaser:
http://vimeo.com/82920492
ilanga & friends