Textprobe: Soft Control
Die Kontrolle über das kreative Team wird allgemein als Herausforderung begriffen: Es ist oft wie Flöhe hüten. Die geistige Autonomie und intrinsische Motivation der Mitarbeiter stellt einen wesentlichen Antrieb dar und ist auch häufig der Stoff, aus dem diese ihre Fähigkeit schöpfen, kreativ zu sein. Im Spannungsverhältnis dazu steht die Verpflichtung des Managers, Deadlines und Qualität zu halten und den Anforderungen des wirtschaftlichen Kontextes gerecht zu werden.
Von Kreativität geprägte Aktivitäten verfolgen stärker intrinsische Ziele als die industrielle Wirtschaft, auch wenn sie natürlich finanziell inspiriert bleiben. (…) Dem gegenüber steht der Kreative, der seine Fähigkeit zum Schöpfen geradezu kultiviert. Autonomie und persönliche Entwicklung beeinflussen seine Leistungsfähigkeit. Kreative Mitarbeiter fühlen sich wohl in stabilen Arbeitsbedingungen, offener Kommunikation und fairer Behandlung. Sie wollen mitgenommen werden. Was sie nicht wollen, sind zu detaillierte Vorgaben oder gar Befehle, sie verlangen nach Leitlinien für ein selbstbestimmtes, beinahe freiwilliges Handeln. Ihr Engagement und ihre Motivation kommen von innen, sind also intrinsisch. Aus diesem Grund sollte versucht werden, auf emotionaler Ebene mit ihnen zu kommunizieren, und zwar auf der Basis von Selbstverwirklichung (Florida 2012, S. 125).
Denn der Mitarbeiter in den Creative Industries arbeitet zuvörderst, um zu schaffen (L’art pour lʼart), nicht um zu leben. Durch das meritorische System fühlen sich die Kreativen nicht in erster Linie dem Geld verpflichtet, sondern der Kunst. Deswegen sind finanzielle Anreize, anders als im klassischen industriellen Bereich, weniger wirkungsvoll. (…) Weil das Kontrollregime in der Kultur- und Kreativwirtschaft weniger stringent sein kann, stellt sich die Wertefrage umso stärker. Wichtig ist eine schlüssige, authentische und am Menschen orientierte Wertewelt, die eine inhaltlich überzeugende Führung ermöglicht. Ein guter Manager in der Kultur- und Kreativwirtschaft überzeugt durch seine hohen moralischen Standards die Mitarbeiter davon, mit ihm auf diese Reise, diese Unternehmung, dieses Abenteuer zu gehen. Dabei steht das Erlebnis im Vordergrund, das Erlebnis, an diesem Kreationsprozess teilnehmen zu können. Das erfordert von der Unternehmensleitung einerseits große Offenheit, andererseits moralische Selbstdisziplin. Während in der industriellen Wirtschaft Hierarchie auch bedeutet, Wahrheiten aktiv zu gestalten, bedeutet authentische Führung in der Kultur- und Kreativwirtschaft maximale Transparenz und Aufrichtigkeit. Dann kann sich die Leitung darauf verlassen, dass die eigene innere Stimme und die intrinsischen Kräfte der Mitarbeiter zum Mitdenken führen. (…) Mikromanagement kommt in der Kultur- und Kreativwirtschaft nicht gut an. Wichtiger ist, dass man loslassen kann und den intrinsisch motivierten Mitarbeiter sein eigenes Ding machen lässt. Ansonsten fühlt er sich nicht vertrauensvoll behandelt, und das ist eher unangenehm. Dann sinkt die Motivation, das Engagement reduziert sich. Stress wird ausgelöst, der zu einem Innovationsrückschritt führt.(…)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch einen hohen moralischen Anspruch des Managers an sich selbst seine Glaubwürdigkeit und Authentizität deutlich wird. Damit erleichtert er den Mitarbeitern eines Unternehmens der Kultur- und Kreativwirtschaft die Identifikation mit Projekt und Unternehmen.