"Gesucht haben die nicht."
Die Bewohner des Dorfes Potzlow werden, zum Beispiel vom dortigen Pfarrer, als sprachlos beschrieben angesichts der Tat. Sprachlos nicht im erstaunten Sinne, sondern im Sinne eines Schweigens. Eines Verschweigens bzw. Wegschweigens der Vorkommnisse. Es ist sicher auch dieses allgemeine Schweigen, diese nicht vorhandenen Reaktionen auf das Verschwinden von Marinus, was Birgit Schöberl zu einer solchen Aussage veranlasst: „Gesucht haben die nicht.“ Sie spürt die Ohnmacht der Dorfbewohner gegenüber der Geschehnisse und überträgt dieses Verhalten auch auf die Polizei, der sie unterstellt, nicht gründlich nach Marinus gesucht zu haben. Die Mutter sieht ihren Sohn immer wieder vor sich, wartet abends auf ihn, obwohl sie weiß, dass er tot ist und nie zurückkehren wird. Vielleicht denkt sie, dass alles anders gekommen wäre, wenn die Suche nach Marinus anders verlaufen wäre. Es scheint, als klammere sie sich an alles, was schief gelaufen ist, um eine Erklärung zu finden. Ihre eigene Suche nach Antworten, vielleicht auch nach Gerechtigkeit, hält sie am Leben. Diese Suche endet am Tag der Urteilsverkündung, die sie nicht mehr hört: sie stirbt kurz vorher.
~ Nicola Schubert
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