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„Wir haben nischt mitbekommen. Keiner weiß wat, keiner wußte wat, keiner weiß wat.“ Ein dokumentarisches Theaterstück über den brutalen Mord an Marinus Schöberl 2002. Die ungeheuerliche Kälte und Beiläufigkeit der Tat sowie die befremdliche Empathielosigkeit der Dorfbewohner werfen existenzielle Fragen auf. In unserem Schauspielprojekt geht es uns also um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Menschsein, um ein Infrage stellen der eigenen Souveränität: Ist die Bestie beherrschbar?
Finanzierungszeitraum
14.10.13 - 21.11.13
Website & Social Media
Mindestbetrag (Startlevel): €
16.000 €
Stadt
Frankfurt am Main
Kategorie
Theater
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Gefördert von
kulturMut
10.240 €
27.10.2013

"Haste nix gesehen, musste auch nix sagen."

Marina Schmitz
Marina Schmitz3 min Lesezeit

Liebe Supporter, zusätzlich zum Blog für alle, gibt es einen speziell für euch. Eindrücke von der Arbeit, Gedanken der verschiedenen Schauspieler und weitere Bilder werden Bestandteil davon sein. Hier der erste:

Zu dem Zitat vielleicht eine kleine Story, die ich diese Woche im Bus erlebt habe- Der Bus war proppenvoll, in der Mitte stand eine etwa 25 Jahre alte hochschwangere Frau mit einem Kinderwagen, darin ihr Sohn den ich auf 1 1/2 vielleicht auch 2 Jahre schätze.
Plötzlich fing sie an dem Jungen mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht zu hauen- keine Backpfeife sondern wirklich mittendrauf und das nicht grade sanft- und ihm zu drohen, dass er 'ja damit aufhören solle'. Ich glaube jeder im Bus war fassungslos, da sich sofort alle Blicke auf die Frau richteten und niemand wusste was los war. Die interessierte es aber nicht im geringsten, sondern haute immer weiter drauf.
Und dann stand ich da- war überfordert: Kann ich jetzt vor allen Leuten hier im Bus diese Frau darauf ansprechen, dass sie es lassen soll? Immerhin ist es IHR Sohn- aber das geht echt zu weit.
Mittlerweile hatten sich einige wieder abgewendet- 'haste nix gesehen musste auch nix sagen', ich entschied mich dazu sie penetrant böse anzustarren und hoffte, dass sie ihr Fehlverhalten bemerken würde. Es passierte aber nichts.
Ich wollte grade meinen Mund aufmachen, weil es so nicht weitergehen konnte, als eine Frau um die 50 sie in einem direkten aber höflichen Ton aufforderte, die Schläge bitte zu unterlassen und was das denn solle? (Natürlich war jetzt die Aufmeksamkeit aller im Bus wieder da)
Die Mutter erwiderte, dass ihr Sohn sie ständig bespucken würde und was sie denn sonst machen solle. Worauf die Dame erwiderte, dass ihr Sohn ja keine andere Chance habe-wie solle er sich denn sonst wehren.
Die Mutter wandte sich ab, hatte aber mit dem Gehaue aufgehört.

Es müsste viel mehr Menschen wie diese Dame um die 50 geben, die den Mut hatte 1. nicht wegzugucken und dann 2. auch noch die Konfrontation zu suchen, auch wenn sie sich dadurch zum 'Fokus des Busses' und somit angreifbar gemacht hat.
Ich frage mich nur- warum musste es gefühlte 5 Stunden dauern, bis jemand eingegriffen hat. (Und ich muss dazu sagen, ich habe mich im Nachhinein so über mich geärgert, dass ich zu feige war sofort meinen Mund aufzumachen.)

Es ist nicht einfach, das hab ich gemerkt- irgendeine Hemschwelle ist da, vielleicht das Eindringen in die Privatsphäre eines anderen Menschen? Oder wirklich das sich Bloßstellen? Ich kann es nicht genau in Worte fassen.

Was ich aber weiß ist, dass wir uns nicht blind und taub stellen dürfen. Diese Hemmschwelle muss weg.
~ Marina Schmitz

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