"Is ne große Sauerei."
Jürgen S., der Vater der Täter, spricht über die Arbeitslosigkeit in Potzlow. Über die Perspektivlosigkeit. Darüber, dass man „weg vom Fenster ist“ und man „nichts mehr machen könne“. Über Jugendliche, die nicht gebraucht werden. Nie gebraucht wurden. In einem Dorf, in dem alles weggegangen ist. Menschen wie Unternehmen. Wo nur der Alkohol blieb. Und der Frust über ein verpasstes Leben.
Großgeworden in einem Dorf, in dem die traumatischen Erfahrungen egal welcher Generation nicht angesprochen werden. Jürgen S. redet über die Berichte des Vaters, wie er als Kind die Überfälle und die willkürlichen Handlungen der russischen Soldaten machtlos miterlebte. Jürgens Vater, der in der Nachkriegszeit Hof und Wirtschaft gründete, was ihm nach und nach durch die Verstaatlichung der DDR wieder genommen wurde, bis er schließlich „gar nichts mehr hatte“. Und Jürgen selbst, der fast schon über Nacht einen Staat verlor, an dessen Regeln und Richtungsvorgaben er glaubte und sich nun fremd in einem Staat sieht, der ihm trotz Wucherung im Rückenmark keine Unterstützung geben will, da seine Frau 14,53€ zu viel Rente bezieht – wo er 30 Jahre gearbeitet hatte, „bleiben unterm Strich 130€“. Gedemütigt fühlt er sich. Verarscht. Was geht in ihm vor, wo beide Söhne grausam gemordet haben? Werden sie versuchen Worte dafür zu finden? Oder wird es das Trauma der Kindergeneration, über das nicht gesprochen wird?
~ Sebastian Volk