Gefängnisse sind die blinden Flecken unserer Gesellschaft, Stein gewordene Erinnerungen daran, dass es ein Leben gibt, das vom Draußen strikt getrennt ist; dass Menschen eingesperrt werden – um später wieder freizukommen. Der kanadische Soziologe Erving Goffman nannte es: den „bürgerlichen Tod des Individuums“.
Auf den Straßen Berlins gilt eine Haft häufig als cool. Gerade junge Männer prahlen damit, der Gangsta-Rap zeigt die Protagonisten mit Knast-Tattoos. Wenn man mit Häftlingen spricht, klingt das Ganze meist weniger romantisch: einsam und leer und voller Hoffnungslosigkeit. Die Türen schließen abends in den Gefängnissen. Dann bleibt die Nacht. Dann bleibt: alleine sein und an die Decke starren. Was denkt man dann? Was heißt das überhaupt: Im Knast sein?
Mein erster Eindruck in einem Gefängnis war: Du musst hier ganz schön aufpassen. Die Situation ist für einen Neuen, der nicht dort arbeitet oder schon sitzt, anfangs bedrohlich. Häftlinge nennen das Laufen auf dem Gang „auf Piste gehen“. Es wird zum Catwalk und als Neuankömmling muss man schnell nach Verbündeten und Gegnern suchen. Wer sind Gegner? Wer Verbündete? Gibt es Gangs wie in den USA? Wer ist Anführer, was macht ein Mitläufer – und wer sind die Opfer der Knast-Hierarchie?
In Deutschland leben etwa 64.000 Menschen in Gefängnissen. Seit zehn Jahren arbeite ich als Gerichts- und Polizeireporter – und immer wieder höre ich: Unsere Justiz lässt die Leute laufen! Mit solchen Slogans wird auch Wahlkampf gemacht. Aber: Stimmt das wirklich? Oder sind das Vorurteile, die sich widerlegen lassen?
Es geht aber nicht nur um die Häftlinge selbst: Auch die Direktoren, Ärzte und Vollzugsbeamten können viel über den Alltag erzählen; auch sie sollen zu Wort kommen. Denn: Die Gefängnisse sind voll, Resozialisierung, sagen viele, hat Grenzen, Drogen, Süchte und psychische Probleme sind Teil des Vollzugs. Macht sich das bemerkbar – und: Ist das überhaupt problematisch?
Für diese Recherche möchte ich mir Zeit nehmen. Die Prozesse, die ich begleitet habe, zeigen den Menschen immer nur am Tisch. Ich möchte wissen, wie es danach weitergeht: nach dem Urteil. Ich möchte Haftanstalten besuchen, Zahlen vergleichen und mit Häftlingen sprechen.
Diese Recherche soll auch Ängste abbauen. Soll Grenzen verschieben. Sind härtere Strafen richtig? Dazu ist es wichtig, Vollzug und Justiz besser zu verstehen. Auch das soll diese Recherche leisten.
Warum haben wir Angst, wenn ein verurteilter Sexualstraftäter unser Nachbar wird? Sind es eigene Vorurteile? Strafe hat auch etwas mit uns als Gesellschaft zu tun. Und das Ausgrenzen, das Isolieren ist ein mächtiges Werkzeug. Wie wird es in Deutschland eingesetzt? Und hilft es? Oder brauchen wir tatsächlich härtere Strafen, am besten Wasser und Brot, wie es oft am Stammtisch heißt?
Dafür befragen und begleiten wir bundesweit Häftlinge und Gefängnismitarbeiter, Seelsorger und Psychologen. Trifft es das bürokratisch-schwammige Wort Freiheitsentzug überhaupt?
Die Berichterstattung zu diesem Thema folgt in der Regel zwei Mustern: Skandal- und Betroffenheitsgeschichte.
Erstere entspinnt sich, wenn etwas im Gefängnis passiert, das dort nicht passieren sollte. Das ist erstmal richtig und wichtig. Diese Geschichten zeigen aber nie den Alltag, sie zeigen nur das Besondere, das Außergewöhnliche.
Die Betroffenheitsgeschichte zeigt wiederum nur Biografien. Straftäter, die uns sympathisch sind. Die es „schaffen“ oder „nicht schaffen“, wie es dann heißt.
Diese acht Geschichten – zusammengefasst unter dem Titel 8 Häftlinge – zeigen all die anderen Aspekte, eben das typische Leben im Vollzug. Sie zeigen Häftlinge, wie sie sind, und Vollzugsbeamte, wie sie arbeiten. Sie zeigen auch die Infrastruktur und das Alltägliche. Sie verzichten auf den schnellen Skandal, weil der oft nur ein Schlaglicht wirft und der Bevölkerung suggeriert: Da läuft ja alles schief, was schieflaufen kann.
Mit dem Geld finanziert ihr die Recherche vor Ort. Die Reisen. Die vielen Gespräche. Ihr bezahlt einen Fotografen und einen Journalisten. Ihr bezahlt die Treffen mit den Gefangenen, Vollzugsbeamten, Psychologen und Ärzten. Und die Fehlerkorrektur. Das: Irgendwas stimmt nicht, fragen wir noch wen anders. Kurzum: Ihr bezahlt Sorgfalt und Ausgewogenheit und ein bisschen Kunst zahlt ihr auch – denn wer will schon etwas lesen, dass langweilig ist?
Ihr bekommt: Eine achtteilige Serie. Ihr bekommt Folgen, die ineinandergreifen und weitererzählen. Und letztendlich bekommt ihr auch eine Geschichte über Euch selbst: über die Grenzen der eigenen Toleranz und die Auffassungen darüber, was in diesem Land Gerechtigkeit ist.
Bitte helft uns dabei.
PS: Das Fundingziel ist knapp kalkuliert und nach oben hin offen. Je mehr wir einspielen, desto mehr können und werden wir machen. Wir arbeiten mit einem Filmteam zusammen, das wir mit mehr Geld zusätzlich einbinden können. Vorrangig geht es uns aber darum, mit möglichst vielen Häftlingen zu sprechen, möglichst viele Zahlen, Ansichten und Akten zu besorgen, zu prüfen, zu vergleichen. Je mehr Geld zusammenkommt, desto tiefer können wir in das Leben der Häftlinge einsteigen, desto besser wird die Recherche.
Alexander Krützfeldt ist Journalist und Buchautor. Er arbeitet für überregionale Medien wie die Zeit, die taz, die Süddeutsche Zeitung, Vice und Krautreporter. Er hat zwei Sachbücher geschrieben – „Deep Web“ und „Wir sind Cyborgs“. Zudem beschäftigt er sich seit Jahren als Gerichts- und Polizeireporter mit den Themen Kriminalität, Gerechtigkeit und Justiz.
Jörg Singer ist Fotograf aus Leipzig. Seit letztem Jahr gibt er regelmäßig Workshops für Gefangene in Sachsen. Aus seinem intimen Einblick entstand die Idee zu dieser Geschichte. Er wird sie fotografisch begleiten.
Ihr könnt uns auf unsere Seite besuchen: www.rustyspoons.de
Oder Jörg unter: www.joergsinger.com
Schreibt uns. Wie freuen uns über das Feedback und klären auf, wenn noch Fragen sind.