Dieser Betrag sichert Lektorat, Satz und Druck einer Buchveröffentlichung und deckt die Sachkosten des Projekts.
Niemand war zu Recht im Konzentrationslager, KZ-Haft war per se Unrecht – diese Einsicht setzt sich gut 75 Jahre nach der Befreiung aus den nationalsozialistischen Lagern viel zu langsam durch. Gerade in Bezug auf die damals als ‚Kriminelle‘ oder als ‚Asoziale‘ Verfolgten ist diese Sichtweise noch lange nicht selbstverständlich. Um die Erkenntnis in der gesellschaftlichen Mitte zu verankern, braucht es die Darstellung individueller Schicksale, die das Unrecht nachvollziehbar machen.
Die Biografie zu Margit Lange soll dies ermöglichen. Sie zeigt, wie rasch jemand in die nationalsozialistische Verfolgungsmaschinerie geraten konnte, wie unerbittlich die damals geltenden rechtlichen wie sozialen Normen durchgesetzt wurden, wie tragisch ein als wertlos eingestuftes Leben enden konnte: Margit Lange wurde im Dezember 1943 im Alter von 30 Jahren im KZ Ravensbrück mittels einer Giftspritze ermordet.
Wie gehen die Kinder, Enkel und Urenkel mit einem derartigen Schicksal in ihrer Familie um? Wissen sie über Margits Leben und Tod Bescheid und was wissen sie konkret? Wollen sie überhaupt wissen? Und darüber hinaus: Wie weit stellen sie eine Beziehung zwischen ihrem eigenen Leben und den Verfolgungserfahrungen von Margit im Nationalsozialismus her?
Im Buch Haftgrund ‚asozial‘ – Das Schicksal der Margit Lange und wie es in der Familie weiterwirkt wird das Leben und der frühe Tod einer im Nationalsozialismus als ‚asozial‘ gebrandmarkten Frau mit der späteren Spurensuche einzelner Familienmitglieder in Beziehung gesetzt. Generationengedächtnis, familiäre Tradierung und Sekundärtraumatisierungen sind daher neben den Verfolgungsursachen und -praktiken in der NS-Zeit sowie den Überlebenschancen für ‚Asoziale‘ in Konzentrationslagern weitere zentrale Themenstränge des Buches.
Über das Schicksal von als ‚asozial‘ verfolgten Personen gibt es nur ganz wenige Selbstzeugnisse. Ziel ist daher, mit einem gut lesbaren Buch die Stigmatisierung und Verfolgung von Menschen als ‚asozial‘ im Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern. Anhand des Lebens und des frühen Todes von Margit Lange, einer Frau aus Niederösterreich, soll dies gelingen.
Zielgruppe sind daher alle Personen,
… die über bislang vernachlässigte Aspekte der Zeitgeschichte informiert sein wollen;
… die Mechanismen von Ausgrenzung verstehen und gegen deren Auswirkungen auftreten wollen;
… die sich für Klassismus als wirkmächtige Diskriminierungsform interessieren;
… denen die Zusammenschau von Biografie und Gesellschaft immer schon ein Anliegen war;
… denen kritische Sozialforschung wichtig ist;
… die einfach ein gutes Buch lesen wollen. :-)
Mit deinem finanziellen Beitrag ermöglichst du die kritische Aufarbeitung staatlicher Verfolgung im Nationalsozialismus, die lange Zeit nicht als Unrecht anerkannt wurde. Bis heute schweigen Betroffene wie Familienangehörige darüber – zu groß sind nach wie vor die Scham und die Angst vor (weiterer) sozialer Ausgrenzung. Noch dazu kommt ‚asozial‘ als Schimpfwort wieder in Mode – ohne dass die fatale Geschichte dieses Begriffs reflektiert wird.
Ich habe von öffentlichen Stellen in Österreich bereits die Zusage für die Förderung der historischen Recherche erhalten. Aber das Geld reicht nicht, um den familiären Umgang mit dem psychischen wie sozialen Erbe in die Biografie aufnehmen zu können. Zudem müssen mindestens 80% der budgetierten Kosten eingeworben sein, um die bereits zugesagten Förderungen in Anspruch nehmen zu können. Die Verschriftlichung der Recherchen, die Transkriptionen der Interviews, die Lektorats-, Layout- und Druckkosten sind weitere noch offene Kostenpunkte.
Ab 16.000,- Unterstützung im Crowdfunding zusätzlich zu bereits bestehenden Förderungen der öffentlichen Hand wird es mir möglich, nicht nur das Schicksal von Margit Lange und die Suche ihrer Enkeltochter nach Spuren ihres Lebens nachzuzeichnen, sondern in der Familiengeschichte noch tiefer zu graben und die verschiedenen Zugänge der nachfolgenden Generationen zu reflektieren.
Alle Unterstützung über 25.000,- reduziert die viele Gratisarbeit, die in einem derartigen Buchprojekt steckt.
Bei erfolgreicher Finanzierung wird es ein Buch geben, das anhand eines Einzelschicksals die Verfolgung von Personen, die in der NS-Zeit als ‚asozial‘ stigmatisiert wurden, näherbringt und verdeutlicht, wie lange Geschichte in unser Leben nachwirkt. Es zeigt, dass es keinen Schlussstrich geben kann, solange wesentliche familiäre Prägungen nicht thematisiert werden. Wissenschaftlich fundiert, sorgfältig recherchiert, einfühlsam und gut lesbar verfasst, steht das Buch für eine „Geschichte von unten“.
Ich bin Sozialwissenschafterin am Institut für Konfliktforschung (IKF) (www.ikf.ac.at). In meiner Arbeit beschäftige ich mich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit der nationalsozialistischen Verfolgung von Frauen in Österreich. Insbesondere interessiere ich mich für Biografien und ihre gesellschaftspolitischen Einschreibungen. In den letzten Jahren habe ich mit meinen Kolleginnen verstärkt die Verfolgung gesellschaftlich Ausgegrenzter erforscht. Auf Ersuchen der Enkelin von Margit Lange habe ich mich entschlossen, ihrer Familiengeschichte nachzugehen und zu dokumentieren, wie ein Verfolgungstrauma in den nachkommenden Generationen nachwirkt.
Ich habe bereits zwei umfangreiche Biografien zu Verfolgten des Nationalsozialismus verfasst, die als gut lesbare Sachbücher rezipiert wurden. Nach den Lebensgeschichten über den Auschwitz-Überlebenden und –Aufklärer Hermann Langbein und über den Gründer des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands Herbert Steiner wendet sich die Biografie über Margit Lange einer Frau zu, die nicht zu den prominenten Opfern des Nationalsozialismus gehört. Umso wichtiger ist es mir, ihr Leben exemplarisch für viele andere nachzuzeichnen.
Mein Einkommen als Sozialwissenschafterin am IKF ist ausschließlich projektfinanziert. Es kostet immer mehr Zeit und Energie, eine Finanzierung durch die öffentliche Hand einzuwerben – manchmal reichen allerdings alle Bemühungen nicht aus. Dann bleibt nur noch, sich an die allgemeine interessierte Öffentlichkeit via Crowdfunding zu wenden!
Das Institut für Konfliktforschung ist ein Verein, der keine Umsatzsteuer abführen muss.