Crowdfunding since 2010

Vom Loser zum Helden? Na jedenfalls muss er mal seinen Arsch hoch bekommen!

Jochen raucht, lebt allein, sitzt zu Hause und will nur noch älter werden. 47 Jahre hat er schon geschafft. Und beim Kiosk war er heute auch schon. Aber dann, gibt's das? War es die Wurst? Noch nicht ganz klar, wacht Jochen auf einer Wiese auf. Neben ihm hockt eine deutliche jüngere Frau, die sagt "Ich bin deine Tochter, hi!". Was? Wer soll das sein? Aber dann will der Kettenraucher unbedingt schwimmen, radfahren und rennen.
Funding period
10/26/20 - 12/13/20
Realisation
Filmstart vorr. Herbst 2021
Website & Social Media
Minimum amount (Start level): 15,000 €

Aufwandsentschädigung für alle Beteiligten – SchauspielerInnen, Kamera, Ton- und Bildtechnik, Kostüm-Leute, Assistenz und die noch ausstehende Postproduktion

City
Leipzig
Category
Movie / Video
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02.12.2020

MZ-Bericht über Filmdreh, Hintergründe und Jochens Schuhe

René Dietz-Lingnau
René Dietz-Lingnau4 min Lesezeit

Raus aus dem Trott: Jochen (Daniel Weißbrodt, links) auf dem Arbeitsamt

Das kleine Glück, Mitteldeutsche Zeitung am 2.12.20

»Jochen macht Triathlon«: Der gebürtige Hallenser Larsen Sechert hat seinen ersten Spielfilm gedreht. Die Geschichte eines Arbeitslosen, der neu durchstartet.

»Kannst du dir vorstellen, die Hauptrolle in einem Film zu spielen?« Als der hochaufgeschossene Transkriptor, Autor und Wahlleipziger Daniel Weißbrodt, Jahrgang 1972, im Januar 2020 jene Gretchenfrage auf den Tisch gelegt bekam, geht seine Schauspielerfahrung gegen Null. So groß wie die Neugier waren die Zweifel. An den ersten Gedanken erinnert sich der gebürtige Suhler noch genau: »Mein Gott, das wird doch ein furchtbares Laiengehampel mit Fremdschämfaktor.« Sollte er sich solch einer Öffentlichkeit aussetzen?
Und wer kam überhaupt auf diese verwegene Idee? Der freiberufliche Schauspieler Larsen Sechert, Jahrgang 1976 und geboren in Halle, hat mit seinem Leipziger Knalltheater schon so manchen Zwerchfell-Volltreffer bei Groß und Klein gelandet. Als Sechert am Roman
und am Drehbuch für »Jochen macht Triathlon« schrieb, hat er an seinen langjährigen Bekannten Weißbrodt denken müssen.

47, Raucher, arbeitslos
Ist das ein Kompliment? Immerhin sind Jochens Eigenschaften so fixiert: »47, Raucher, arbeitslos«. Weißbrodt erzählt: »Larsen hatte eine charmante Art, mich mit dieser Figur in Verbindung zu bringen. Und mir war der Jochen mit all seinen limitierten Fähigkeiten sofort ans Herz gewachsen.« Also kam es zu Probeaufnahmen und Weißbrodts Bedenken waren bald gegenstandslos: »Ich habe auf den Aufnahmen nicht mich, sondern den Jochen gesehen. Das hat mich überzeugt.« Der bislang zu sehende Trailer zeigt, dass sich Weißbrodts Besetzung für genau diese Rolle als großer Glücksgriff erweisen könnte.
Im Frühjahr wurden die Dinge dann angepackt, Sechert ließ seine Kontakte in der Schauspielszene glühen, man lieh sich eine Wohnung vom Romaverein »Romano Sumnal«, gedreht wurde ausschließlich in Leipzig und Umgebung. An 27 Drehtagen waren letztlich immer mehr als zehn Leute am Set, Sascha Kiesewetter brachte sein Ton-Equipement mit, andere technische Ausstattungen wurden geliehen. »Wir haben unter echten Kinobedingungen gedreht«, so Weißbrodt. Zudem konnte der Kameramann Paul Schlesier gewonnen werden: »Als Larsen mich fragte, war ich sofort von der bildlichen Sprache, der Gratwanderung zwischen ernster Thematik und dem erfrischenden, mal trockenen, mal intelligenten Humor begeistert.«
Doch wovon handelt der Film? »Es geht um Selbstermächtigung«, so Regisseur Sechert. Jochen fristet ein blasses Dasein. Und dann trifft er seine erwachsene Tochter, von der er bis dahin nichts wusste. In Jochen erwacht der Wunsch, seine Tochter (Ronja Rath) mit Stolz zu erfüllen, an der Pinnwand seines Hochhauses findet er den Aufruf zu einem Triathlon.
Weißbrodt berichtet: »Wir erzählen keine Geschichte, wonach ein jeder seines Glückes Schmied sein kann, es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, dass jemand anfängt, sich plötzlich als Individuum zu begreifen.« Jochen begibt sich auf eine Reise. War er vorher von seinen Wünschen und Träumen abgekapselt, stellt ihn nun seine Tochter vor die Frage, wer er eigentlich sei. »Jochen hat bislang nur auf die Fresse bekommen, jetzt trifft er einen Menschen, der ihn einfach nur kennenlernen will. Das ist für ihn eine völlig neue Erfahrung«, so Weißbrodt, der sich daran erinnert, wie er mit weißen Tennissocken in den Sandalen, also mit Jochens Klamotten, nach dem Dreh in den Supermarkt gegangen ist: »Ich wurde anders wahrgenommen, fühlte mich anders. Ich war gedrückter, kleiner und weniger selbstbewusster, als ich eigentlich bin.«
Entstanden ist kein verkopftes Autorenkino, sondern eine Geschichte vom Glück der kleinen
Leute. Sechert, der selbst einige missglückte Triathlon-Versuche hinter sich hat, verspricht einen Film mit »schrägen und absurden Elementen«, dramatische Züge inklusive. Verhandelt werden Grundsatzfragen: Was ist im Leben, trotz verblasster Jugend, noch möglich? Dabei schillern die Ebenen. Da gibt es die politische Ebene: das Hartz IV-System und der Niedriglohnsektor. Für den Kameramann Schlesier war der Drehort Leipzig-Grünau eine Begegnung mit seiner Herkunft. »Für mich war entscheidend, dass Jochen nicht vorgeführt, sondern ernst genommen wird«, so Weißbrodt.

Geld wird gesammelt

Derzeit bemüht sich das Team, möglichst viele Leute zu erreichen. Über eine Crowdfunding-
Aktion soll bis 13. Dezember die Postproduktion des Filmes sichergestellt werden. Weißbrodt
sagt zu: »Für alle, die uns unterstützen, bieten wir eine Gegenleistung, beispielsweise die DVD oder den Roman.« Anschließend wolle man sich an die Programmkinos wenden. Sechert lacht verschmitzt: »Wenn die Chefs unseren Film zeigen, dürfen Sie am Laufschuh unseres Hauptdarstellers riechen. Wenn das nicht zieht, weiß ich auch nicht.«

Mathias Schulze am 2. Dezember 2020 in der Mitteldeutschen Zeitung

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Jochen macht Triathlon aka Knalltheater Leipzig
Larsen Sechert
Körnerstraße 34
04107 Leipzig Deutschland
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