Höchste Organe des deutschen Staates lassen sich von Wirtschaftsunternehmen und Lobbyverbänden – wie es offiziell heißt – sponsern. So geschehen beim Auswärtigen Amt, wo ein Empfang zum Tag der Deutschen Einheit wiederholt mit Geld eines Rüstungskonzerns bedacht wurde. Im SPIEGEL berichtete ich, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein Sponsoring von einer Tochterfirma eines Lobbyverbands annahm. Diese erhielt danach einen Auftrag der Kölner Behörde, was Vorermittlungen durch die Staatsanwaltschaft auslöste.
Alle zwei Jahre erstellt das Bundesinnenministerium (BMI) federführend für die gesamte Bundesregierung einen Sponsoringbericht. Hierzu schicken die einzelnen Ministerien dem BMI Informationen zu den Sponsorings aus ihrem Zuständigkeitsbereich. Ich habe beim BMI auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Einsicht in alle Akten zum 5. (Berichtszeitraum: 2011-2013), 6. (2013-2015) und 7. Sponsoringbericht der Bundesregierung (2015-2017) gestellt. Es geht um nicht weniger als
- mehrere hundert Seiten interner Akten,
- über ein Dutzend Excel-Übersichten mit im Detail aufgelisteten Sponsorings einzelner Ministerien,
- E-Mails der beteiligten Ministerialbeamten und
- eine CD-ROM mit zahlreichen Word- und Excel-Dateien, PDFs und E-Mails
zum 5. und 6. Sponsoringbericht, die mir bereits vorliegen sowie noch einmal ähnlich viele Dokumente zum 7. Sponsoringbericht. Zu meinem ersten IFG-Antrag habe ich nun die Rechnung erhalten: Insgesamt 500,00 Euro Gebühren will das BMI von mir haben. Das, obwohl nach der IFG-Gebührenordnung bei öffentlichem Interesse von Gebühren abgesehen werden kann und auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, die ich um Vermittlung gebeten habe, mir mitgeteilt hat, dass das BMI bei den Gebühren eine „Einpassung“, sprich: eine Senkung, vorzunehmen habe. Meinen Widerspruch gegen die Gebühren hat das BMI trotzdem abgelehnt.
Auch Kopien der Akten zum neuen Sponsoringbericht von Juli habe ich beantragt. Hier weigert sich das BMI, meinen Antrag zu bearbeiten. Es macht die Herausgabe dieser Akten davon abhängig, dass ich die überhöhten 500,00 Euro Gebühren für die erste Aktenherausgabe zahle, was rechtlich unzulässig ist. Für den zweiten Schwung Akten hat das BMI weitere 120,00 Euro Gebühren veranschlagt.
Auch beim Verteidigungsministerium habe ich einen IFG-Antrag gestellt. Das Ministerium hat mir Sponsoringlisten übersandt und darin unzulässige Schwärzungen vorgenommen. Dagegen habe ich erfolgreich Widerspruch eingelegt und die Listen ohne die Schwärzungen erhalten, soll dafür aber noch einmal 30,00 Euro Gebühren zahlen. Aus den Listen des von-der-Leyen-Ressorts geht hervor, dass sich das Ministerium offenbar in größerem Umfang Wehrmachtserinnerungsstücke von Privatpersonen hat schenken lassen.
Ich habe eine erste Vorauswertung der mir bereits vorliegenden BMI-Akten vorgenommen und komme zu dem Ergebnis: Es lohnt sich, mit der Recherche weiterzumachen. Nicht nur liegen mir jetzt Informationen über bislang unbekannte Sponsorings vor, die Berichte geben auch verschiedene Ansätze für die weitere Recherche her. So weiß ich etwa bereits, dass es im Hintergrund eine Debatte darüber gab, dass es nicht mehr erlaubt sein soll, dass Geber, die von Entscheidungen der empfangenden Stelle betroffen sind, als Sponsoren agieren. Auch kann ich nachweisen, dass Sponsorings entgegen der Vorschrift zum Teil gar nicht bis chaotisch erfasst wurden.
Dieses Crowdfunding will die überhöhten Gebühren zusammenkriegen, die ich als einzelner freier Journalist ohne finanzkräftiges Medium im Rücken zahlen soll, um für die Öffentlichkeit berichten zu können und nach Möglichkeit darüber hinaus die weitere Recherche sichern.
Das Projekt will Transparenz herstellen in Bezug auf Sach- und Geldgeschenke an die Bundesregierung. Das Projekt richtet sich an Bürger, die wissen wollen, welche potenten Geber mit der Regierung unseres Landes anbandeln und an Menschen, die gerne exklusiv lesen wollen, worüber bislang kein Medium berichtet hat.
In der Sponsoring-Verwaltungsvorschrift des Bundes heißt es, die öffentliche Verwaltung müsse „jeden Anschein fremder Einflussnahme vermeiden, um die Integrität und die Neutralität des Staates zu wahren“. Es gibt aber mehrere Beispiele dafür, in denen dagegen verstoßen wurde. Zudem besteht beim Sponsoring immer die Gefahr einer Beeinflussung öffentlicher Stellen. Ich konnte im Rahmen meiner Recherche bereits herausfinden, dass selbst oberste Bundesgerichte, die besonders neutral sein müssen, Geschenke im Wert vieler tausend Euro annahmen. Vor allem darf es nicht von einer überhöhten Gebührenforderung des Innenministeriums abhängen, ob sich die Öffentlichkeit ein Bild von Verquickungen auf Regierungsebene machen kann.
Kommt das Geld zusammen, sind die Kosten für die IFG-Auskunft gedeckt und die Fortsetzung der Recherche ist gesichert. Deren Ergebnis soll in Form einer Print- oder Onlineveröffentlichung jedermann zugänglich gemacht werden.
Die Finanzierungssumme schlüsselt sich auf in folgende Einzelposten:
- IFG-Gebühren Bundesinnenministerium (620,00 Euro)
- Bislang entstandene Mahngebühren BMI (10,00 Euro)
- IFG-Gebühren Verteidigungsministerium (30,00 Euro)
- Kosten für Schnitt des Pitch-Videos (75,00 Euro)
- Umsatzsteuer (51,45 Euro)
- 5% freiwillige Unterstützung Startnext (36,75 Euro)
- 4% Transaktionskosten Startnext (29,40 Euro)
Ziel ist es, mehr als die Finanzierungssumme zu crowdfunden. Da Unterstützer ihr Geld zurückerhalten, wenn die Finanzierungssumme nicht erreicht wird (Alles-oder-nichts-Prinzip), wurde diese bewusst niedrig angesetzt, um die prinzipellen Chancen für einen Erfolg des Crowdfundingprojekts zu erhöhen. Je mehr zusammenkommt - nach oben gibt es keine Grenze -, desto intensiver kann ich zum Thema Sponsoring recherchieren.
Marvin Oppong (*1982) ist freier Journalist und Dozent aus Bonn. Im Fokus seiner Berichterstattung stehen Korruption, Lobbyismus, Datenschutz und Medienthemen. Oppongs Beiträge erschienen bisher unter anderem in den Nachrichtenmagazinen SPIEGEL und stern, in der Wochenzeitung DIE ZEIT, ebenso wie in den Tageszeitungen Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau oder dem Nachrichtenportal SPIEGEL ONLINE. Weitere Veröffentlichungen der Recherchen strahlten NDR und WDR in TV-Sendungen aus.