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Streetphotography ist eine Kunstform, die fast so alt ist wie die Fotografie selbst. Künstler, wie Henri Cartier-Bresson, Robert Frank, Garry Winogrand oder Philip-Lorca diCorcia haben die Geschichte der Fotografie durch ihre Arbeiten geprägt. Ihre Bilder sind Teil des kollektiven Bildgedächtnisses. Bei meinem Projekt geht es nun darum festzustellen, ob diese Kunstform in Deutschland weiterhin möglich sein wird.
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Funding period
1/29/15 - 3/20/15
Realisation
Direkt und innerhalb 1 Jahres
Minimum amount (Start level): €
14,000 €
City
Berlin
Category
Art
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03.04.2018

Fall Entscheidung

Espen Eichhöfer
Espen Eichhöfer5 min Lesezeit

Liebe Interessierte und Unterstützer!

Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden. Nicht ganz in meinem/unseren Sinne, da der Fall gar nicht erst zur Verhandlung angenommen wurde.
ABER! Das Gericht hat, was es selten tut, eine Begründung geliefert. Diese hilft der Strassenfotografie in Deutschland weiter!
Eigentlich muss man sogar feststellen, dass die Begründung, den Fall nicht anzunehmen, hinter der positiven Bewertung der Strassenfotografie insgesamt (der ersten seit 1907!) zurückfällt.
Mein Anwalt schreibt:
"Damit ist höchstrichterlich festgestellt worden, dass bei solchen Fotografien nicht nur das Anfertigen, sondern auch deren Ausstellung von dem Schutzbereich der grundgesetzlichen Kunstfreiheit erfasst ist."
Das Gericht hat den Fall nicht zur Verhandlung angenommen, weil es die "Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel an einer der verkehrsreichen Straße einer Millionenstadt zum zentralen Punkt seiner Abwägung gemacht" hat.
Dies ist aber auch der einzige, unter vielen Punkten, den die Richter vorbringen, der zur Ablehnung der Verfassungsbeschwerde führte.
Somit bleibt das Gefühl zurück dass es sich um einen "halbgaren Kompromiss (handelt) und in diesem Punkt halte ich die Entscheidung für äußerst kritikwürdig."
Ich hänge meinem Text das Schreiben meines Anwaltes an. Die ganze Ambivalenz der Begründung hat er sehr schön zusammengefasst.

Liebe Unterstützer, ich werde hier in den nächsten Tagen/ Wochen darüber informieren, wie es weitergeht. Für den nun eingetretenen Fall hatte ich ja angekündigt, ein Symposium zum Thema zu organisieren. Darüber halte ich hier auf dem Laufenden.
Zunächst muss ich das auch erst mal sacken lassen!

Herzliche Grüsse, Espen


Mein Anwalt schreibt:

"Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt über die Verfassungsbeschwerde von Espen Eichhöfer in dem Straßenfotografie-Fall entschieden und diese nicht angenommen. Es ist also nicht das heraus gekommen, was wir uns erhofft haben. Trotzdem ist Gutes mit diesem Beschluss erreicht worden. Denn der Beschluss enthält einige Ausführungen, welche die rechtliche Situation der Straßenfotografie in Deutschland stärken.

So hat das Bundesverfassungsgericht z.B. festgestellt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Foto um ein Kunstwerk handelt. Damit ist höchstrichterlich festgestellt worden, dass bei solchen Fotografien nicht nur das Anfertigen, sondern auch deren Ausstellung von dem Schutzbereich der grundgesetzlichen Kunstfreiheit erfasst ist. Hierauf können sich Straßenfotografen nun bei vergleichbaren Fällen berufen. Das konnte sie zwar auch vorher, nun liegt aber eine Bestätigung des Bundesverfassungsgerichts dafür vor.

Das Bundesverfassungsgericht erkennt die Straßenfotografie grundsätzlich als eine Kunstform an. Zudem stellt es fest, dass für diese Kunstform die ungestellte Abbildungen von Personen ohne deren vorherige Einwilligung „strukturtypisch“ sei. Dieser „Eigengesetzlichkeit der Straßenfotografie“ habe die Rechtsprechung gerecht zu werden. Das aber habe das Kammergericht getan, da es die „Art der Präsentation“ des Fotos von Espen zum „zentralen Punkt“ seiner Argumentation gemacht habe. Hierdurch bringt das Bundesverfassungsgericht zum Ausdruck, dass nicht das Foto selbst und auch nicht die fehlende Einwilligung der Abgebildeten die Persönlichkeitsrechtsverletzung begründet haben, sondern die Art und Weise der Ausstellung. Der entscheidende Satz in dem beigefügten Beschluss heißt:

„Indem es die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus der Art der Präsentation des Bildes als großformatigen Blickfang an einer öffentlichen Straße herleitet, hat das Kammergericht nicht verkannt, dass es mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar wäre, ihren Wirkbereich von vornherein auf Galerien, Museen oder ähnlich räumlich begrenzte Ausstellungsorte zu begrenzen, sondern hat die besondere Persönlichkeitsverletzung der Klägerin durch die hervorgehobene Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel an einer der verkehrsreichen Straße einer Millionenstadt zum zentralen Punkt seiner Abwägung gemacht. Damit hat das Kammergericht die ungestellte Abbildung von Personen ohne vorherige Einwilligung, welche strukturtypisch für die von Straßenfotografie ist (…), nicht generell unmöglich gemacht.“

Hieraus ist nun mE. folgendes zu schlussfolgern:

1. Künstlerische Straßenfotografie darf nicht allein deshalb verboten werden, weil die Abgebildeten nicht eingewilligt haben. Es muss vielmehr ein zusätzliches „Belastungsmoment“ für den Abgebildeten hinzutreten, um die für ein gerichtliches Verbot hinreichende Schwere einer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zu begründen. Dieses zusätzliche Belastungsmoment kann sich aus der Art der Präsentation bzw. der exponierten Stellung eines ausgestellten Fotos ergeben, bspw. bei einer hervorgehobenen Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel ((120x140 cm) an einer der verkehrsreichsten Straßen einer Millionenstadt.
2. Es ist gleichwohl nicht mit der Kunstfreiheit zu vereinbaren, würde die Rechtsprechung das Zeigen von Straßenfotografie von vorneherein auf Galerien, Museen oder ähnlich räumlich begrenzte Ausstellungsorte beschränken wollen. Das Zeigen von Straßenfotografien darf also nicht nur in Ausstellungshäusern, sondern auch außerhalb davon von der Rechtsprechung nicht „generell unmöglich“ gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn keine Einwilligung der Abgebildeten vorliegt.

Ich entnehme daher der Entscheidung, dass die Ausstellung von Espens Bild zulässig gewesen wäre, wenn das Foto in den Räumlichkeiten der C/O ausgestellt worden wäre, oder in kleinerer Größe und im Rahmen der Open-Air-Ausstellung etwas versteckter. Oder wenn die Ausstellung nicht in der Millionenstadt Berlin, sondern bspw. in Buxtehude stattgefunden hätte.

Ich empfinde das als halbgaren Kompromiss und in diesem Punkt halte ich die Entscheidung für äußerst kritikwürdig. Es dürfte in der Geschichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Spannungsverhältnis zwischen der Kunstfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht noch nie vorgekommen sein, dass letztlich nicht der Inhalt des Kunstwerks für das Verbot entscheidend war, sondern seine Sichtbarkeit im Rahmen einer Ausstellung.

Nichtsdestotrotz wird man in zukünftigen Straßenfotografie-Fällen diese Entscheidung gut im Interesse der Fotografen nutzen können, soweit die Fotos nicht ähnlich exponiert gezeigt werden, was ja auch in der Regel nicht der Fall sein wird. Die Rechtsgelehrten werden sich nun über diese Entscheidung zu beugen haben und überlegen müssen, wie solche Straßenfotografie präsentiert werden kann und wie nicht. Dass sie aber in bestimmten Rahmen präsentiert werden darf (wenn nicht zusätzliche Belastungsmomente hinzutreten), auch wenn die Abgebildeten nicht eingewilligt haben, sollte nun aber höchstrichterlich geklärt sein.

Ich gehe auch davon aus, dass diese Entscheidung in die Rechtsliteratur zum Recht am eigenen Bild Eingang finden wird. Denn es ist die erste Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zu dem hier einschlägigen § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG. Dieser ist im Jahr 1907 erstmals in Kraft getreten und selbst das damalige Reichsgericht hat sich zu der Vorschrift seinerzeit nicht geäußert."

06.03.2015

FAZ

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