Eigentlich hätte es eine ganz normale Lesung werden sollen: Autoren und Schauspielerin begegnen sich im Text. Doch plötzlich verselbständigt sich die Hauptfigur Gabi – und auch die Mumie und der Blumenmann melden sich zu Wort. Schließlich sehen sich die Autoren den von ihnen erfundenen Personen gegenüber. Sind es noch die, die sie sich ausgedacht haben? Oder haben sie längst das Ruder übernommen?
So entstand das Lesedrama als neues, spartenübergreifendes Genre, ein Aufeinandertreffen von Autoren, Schauspielern und Figuren.
Gabis Traum von einer großen Wohnung hat sich erfüllt. Allerdings hat ihr Freund und Liebhaber sie verlassen, die Kinder übernachten bei der Großmutter, und Gabi hat weder das Geld für die Miete noch für die Kaution. Da inszeniert sie sich im Scheinwerferlicht der Baulampen und der eigenen Phantasie. Die Traumwohnung wird zur Bühne für ihre Niederlagen, Gedanken, Ängste und Träume.
Doch da öffnet sich das altägyptische Sofa, die Mumie steigt heraus. Ist das ein Traum, eine Vision oder? Nein, es ist Theater. Die Mumie ist eine Mediengestalt; sie entstammt Gruselgeschichten und Horrorfilmen. Sie ist aber auch alt, verquatscht und selbstbewusst.
Als Gabi aus ihrem Leben erzählt, hört die Mumie zu, ergänzt, erweitert. Sie ist eine ebenso große Selbstinszeniererin und hat abenteuerliche Geschichten zu erzählen aus ihrem Leben mit dem Pharao, von ihren Begegnungen mit Napoleon, einem englischen Lord und einem deutschen Kleinstadt-Apotheker. Die Selbstinszenierung mit Mumie ist das Beste, was Gabi in dieser Nacht aus ihrem Leben machen kann. Grotesker Humor als Lebens-, Überlebens- und vielleicht sogar Erkenntnismittel.
Andererseits… so einfach wird Gabi den Alltag nicht los. Es klingelt an der Tür. Der Blumenmann, er hat sein Geschäft unten im Haus, stört Gabis Inszenierung mit seiner eigenen. Mit ihm zusammen könnte sie ein Provinzleben führen, dramatisch unterfüttert mit tausend alltäglichen Kämpfen gegen den Mann, die Zumutungen der Welt und ihre eigene Verzweiflung. Will sie das? Kann sie das?
In dieser einen Nacht versucht sich Gabi als Regisseurin des eigenen Lebens, unterstützt von der Mumie als Publikum, Co-Autorin und Regieassistentin.
Wir inszenieren unsere Traumwohnung als Lesedrama mit allen Regieanweisungen, Bühnenbeschreibungen und Zeitangaben. Schließlich sehen sich die Autoren einer von ihnen erfundenen und doch fremden Person gegenüber. Ist Gabi noch die, die sie sich ausgedacht haben? Oder erzählt sie nun wirklich ihre eigene Geschichte?
Neben der Aufführung des Stücks Traumwohnung geht es uns darum, die literarischen Schaffensprozesse ans Licht zu holen.
Ein Schwerpunkt des Projekts liegt im direkten Dialog zwischen Publikum und Autoren. In Publikumsdiskussionen, Vorträgen und Gesprächsrunden soll die Arbeit von Autoren an einem dramatischen Text erlebbar gemacht werden. Zielgruppe sind also Literatur- und Theaterinteressierte.
Die direkte Zusammenarbeit von Autor und Schauspieler ist ungewöhnlich, meist ist ein Interpret in Gestalt eines Regisseurs dazwischengeschaltet und die Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Autor geschieht in der Regel auch im Verborgenen. Ob ein Autor mit der Bearbeitung seines Textes zufrieden ist, sich gehört, gesehen und verstanden fühlt, bleibt für den Zuschauer meist ein Geheimnis.
Das Besondere an unserem Lesedrama ist, dass es den Prozess zwischen Autor und Schauspieler, die Entwicklung eines Stücks vom Blatt auf die Bühne thematisiert und sichtbar macht. Wir laden also nicht nur ein zu einem Theaterbesuch, sondern bieten auf der Bühne und in Gesprächen und Diskussionsrunden danach die Möglichkeit, den künstlerischen Schaffensprozess selbst mitzuerleben.
(...weil dieses Projekt so total toll, superinnovativ transparent und vor allem Den-Dialog-zwischen-Autor-und-Publikum-Fördernd und Die-Literatur-aus-der-Nische-weg-und-vom-Schreibtisch-hinaus-auf-die-Bühne-Holend irre gut ist, muss es unbedingt von Euch und Ihnen unterstützt werden!)
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Gagen für alle!
Hinter dem Projekt steht das Autorenduo Flörke/Rosenbusch und die Schauspielerin und Regisseurin Saskia Junggeburth.
Vera Rosenbusch & Lutz Flörke leben als Autoren- und Literaturperformer-Duo in Hamburg. Kennengelernt haben sie sich vor vielen Jahren im Literaturlabor. Dort entstand ihr literarisches Kabarett, das Texte-und-Zeichen-Kombinat Hamburg. Die Literatur-Performances haben sie weiterentwickelt und bringen bis heute jährlich eine neue heraus, nicht mehr so kabarettistisch, aber immer noch unterhaltsam und aufregend. Zuletzt in der Reihe Dicke Bücher: Buddenbrooks. Sie lesen, moderieren, streiten und tun (fast) alles, damit man merkt, Dichtung hat nicht nur mit Bildungstradition und Unterhaltung zu tun, sondern auch mit unserem Hier und Heute. Zuletzt erschien von den beiden: Alles so schön grün hier - Versammelte Fälle und Geschichten 2016 im Shoebox House Verlag, Hamburg.
Saskia Junggeburth arbeitet seit über 20 Jahren als freiberufliche Schauspielerin und Regisseurin in Hamburg. Neben Ihrer darstellenden Bühnentätigkeit gründete Sie 2001 das Ensemble ELFEN IM PARK, das Sie bis zu seiner Auflösung 2011 leitete. Von 2011-2014 war sie für die Programmplanung des Logensaal in den Hamburger Kammerspielen zuständig. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Spielstätte waren literarische Veranstaltungen aller Art: von Autorenlesungen über szenische Lesungen bis hin zu Poetry Slam Veranstaltungen. In dieser Zeit entwickelte Sie das Konzept der BuchBar, die Literatur in den öffentlichen Raum bringt: Buchhandlungen, Antiquariate, Konzerträume, … sind beliebte Aufführungsorte für ihre szenischen Lesungen.
Ein Ergebnis der konzeptionellen Zusammenarbeit zwischen dem Literaturperformer-Duo Rosenbusch & Flörke und Saskia Junggeburth ist die Reihe „Dicke Bücher“. Die Ausgabe „Der Mann ohne Eigenschaften“ brachten sie gemeinsam auf die Bühne.
Mehr Informationen zu den Künstlern finden Sie unter :
Team Traumwohung