In 2016 ging die Jagd nach dem Buch weiter
Praktisch, dass Weihnachten kurz vor dem Jahreswechsel ist und man dann Ferien hat und so auch Zeit, schöne Bücher aus dem Regal zu ziehen, sich aufs Sofa zu setzen und Lieder anzuhören oder selber zu singen. Das Ritual mit dem Weihnachtsliederbuch mit Bildern von Rudolf Koivu zählte an Weihnachten dazu. Jetzt hatte ich mir ein weiteres Buch bestellt, in dem ich eine Fülle von Weihnachtsliedern entdeckte, die ich gar nicht kannte. Aber Gott sei Dank findet sich auf Youtube so ziemlich alles und so habe ich manchmal ein neues finnisches Weihnachtslied in der Endlosschleife gehört, bis ich es intus hatte. Dann tippte ich die Noten ins Muscore-Programm und fing mit der groben Übersetzung an. An diesem Jahresbeginn 2016 erlitt mein Taufpate einen Schlaganfall und musste in einem Pflegeheim betreut werden. Oft besuchte ich ihn mit der Gitarre auf dem Rücken und sang, an seinem Bett sitzend, Weihnachtslieder für ihn. Auf dem Weg, während der Zugfahrt lag da mein Notizblock und dazu der grob ins Deutsche übersetzte Text. Hier hatte ich Zeit, nach Reimen zu suchen, Wörter zusammen zu stellen und vor mich hinsummend auszuprobieren, wie es zusammen spielte. Meine Liedsammlung wuchs Richtung 50 Stück an und so langsam schien mir das eine schöne Menge zu sein, ausreichend für ein Buch.
Dann gingen die Weihnachtsferien vorrüber, mein Göte wurde nach Feldkirch übersiedelt und so fielen die Zugfahrten weg und die bekritzelten Blätter verschwanden auf einem Haufen in der Nähe des Schreibtisches.
Dann war einige Monate der Fokus dahin, es gab anderes, das mich beschäftigte und forderte. Erst eine Fortbildungswoche in Wien erinnerte mich wieder daran, dass ich ja eigentlich gern ein Liederbuch hätte. Ich meldete mich beim Doblinger Verlag, bei dem ich schon mehrfach nette Gespräche geführt hatte, nur eben nicht mit dem gewünschten Ergebnis.
Immerhin, wir vereinbarten einen Termin am Tag meiner Ankunft in Wien und so stiefelte ich dann auch Ende August auf das ehrwürdige Haus mitten in Wien zu und wurde von Frau Böckle sehr freundlich empfangen. Ich hatte sicherheitshalber einige Unterlagen mit, unter anderem auch das Buch, das mir all die Jahre als Vorbild gedient hatte. Zum Gespräch gesellte sich auch Frau Pachowsky, die Verlagsleitung und es war ein sehr nettes und freundliches Gespräch. Die beiden Damen bekundeten grundsätzliches Interesse an einer Ausgabe finnischer Lieder, eben ein wenig Volkslied, ein wenig Kinderlied und meinetwegen auch ein paar Weihnachtslieder.
Da ich davor drei Wochen in Finnland war und mich ein wenig hineingehört hatte in die Volksliedkultur, die mir bislang eher wenig vertraut war, sagte ich dann einfach zu.
Der Gedanke, besser so ein Buch als gar nichts, schien mich unbewusst anzutreiben. Zudem war ich motiviert von dem vielen Input des finnischen Sommers. Kaum wieder auf der Strasse, rief ich auch schon meinen Kollegen Alfred Dünser an. Es war klar, ich brauchte seine Mithilfe, denn Doblinger wollte kein reines Liederheftchen, sondern eine Ausgabe für Klavierbegleitung und Flöte, mit ein paar Zeilen Info zu den Liedern und der deutschen Übersetzung.
Alfred sagte sofort zu und erwähnte auch gleich, dass es ihm recht ist, wenn wir das ganz flott anpacken.
Wir hatten zwar ein Zeitfenster bis Dezember 2016 für die Abgabe des Manuskripts, aber ich wusste für mich, dass ich im Spätherbst keine Kapazität mehr haben würde für Übersetzereien und Alred sah das ähnlich. Je rascher, je besser.
Mein erster Akt im Hinblick auf das Buch war, ein Mail zu verfassen an Finnen und Finninnen, die ich kannte mit der Bitte, mir aus den drei Kategorien Volkslied, Kinderlied und Weihnachtslied ihre jeweils 5 Favoriten zu mailen. Damit wollte ich eine Liste erstellen und nach Überschneidungen suchen, was denn für meine Befragten zu den Lieblingsliedern zählte. Die Weihnachtslieder waren rasch klar, bei den Volksliedern gab es ein paar wenige Favoriten und bei den Kinderliedern waren die Lieblingshits enorm breit gestreut und unterschiedlich.
Ausserdem waren die meisten Kinderlieder sehr neue Stücke und somit nicht kostenlos verwendbar. Das war aber eine klare Vorgabe vom Verlag. Und so fielen leider ganz viele Lieblingskinderlieder aus dem Rennen. Nach ca vier Wochen Recherche standen die "Sieger" fest und die Übersetzungsarbeit konnte starten.
Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass sie - einmal angefangen - richtig zu "flutschen" beginnt, wenn man ins Reimschema kommt und mit den Melodien und Worten schwanger geht.
Wann immer ich ein Stück fertig hatte, schickte ich es weiter an Alfred und es kam in seine Obhut.
Und als Alfred dann Ende Oktober auf Wienreise war, da hatten wir das Manuskript fast fertig. in den Musikstunden zerkaute ich die Stücke mit meiner Gesangslehrerin auf Sangestauglichkeit und Sprachfluss, nahm die eine oder andere kleine Korrektur vor und probierte erneut, ob es jetzt rund war. Es dauerte dann noch bis Dezember, bis es beim Grafiker landete, dafür war dieser derart flink, dass schon Tage später die erste Layoutversion ausgedruckt auf dem Tisch lag. Ein Gefühl der Befriedigung breitete sich aus.... ein Gefühl von "Jetzt haben wir schon mal was richtig Gutes geschafft".
Damit konnten wir sehr zufrieden mal wieder Weihnachten feiern.