Es ist nicht neu, dass die Gentrifizierung in einer modernen Metropole wie Berlin nicht ohne Folgen bleibt. Jung und alt, oft gut bis sehr gut alimentiert, strömen aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt. Richten sich ein, verändern die einzelnen Stadtteile in reine (Eigentums-) Wohngegenden, so dass die über Jahrzehnte gewachsene und für das Nachkriegs-Berlin typische Kneipen- und Kulturlandschaft immer mehr verschwindet, abstirbt und gerade von denen an den Stadtrand gedrängt wird, die ja eigentlich der urbanen „Szene“ wegen hergezogen sind. Aber wo befinden sich die anderen? Die, die die früher vielbesuchten Eck- und 24-Stunden-Pinten bevölkerten; die dort tranken, redeten, stritten und sangen? Wo sind all die von der Hand in den Mund lebenden Künstler, Spinner, Originale?
Ich habe mich auf die Suche nach ihnen gemacht; sie in den wenigen noch verbliebenen Ur-Kneipen in Friedrichshain, Mitte und Kreuzberg getroffen, mein Vorhaben erklärt, ihre Nähe gesucht und eben jene Portraits von ihnen gemacht, von denen nun ein Großteil in „Genug Zeit zu verlieren“ versammelt sind. Allein für die Fotoserie am Ende des Buches, die annähernd 50 Menschen – Personal, Stamm-, und Laufkundschaft einer Friedrichshainer 24-Stunden-Kneipe – vereint, erforderte viel Zeit, um den Menschen dort gerecht zu werden. – Und um nicht falsch verstanden zu werden: Es ging mir dabei nicht in erster Linie um Kritik am Wandel meiner Geburtsstadt, der mir eh unumgänglich zu sein scheint. Sondern um diejenigen, die den Preis für den Zustrom wohlhabenderer Kreise aus ganz Deutschland und Europa zahlen. Denen in Bild und Text ein Gesicht zu geben, darum ging es mir.
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Ich krieg n Berliner.
Probier doch mal
n Warsteiner.
Zu teuer.
N Warsteiner,
mein Freund,
zeigt den andern,
daß du Arbeit
hast!
Ach ja? Ich
krieg n Berliner.
Der Fotos wegen: http://www.edition-luekk-noesens.de/fotob%C3%BCcher/genug-zeit-zu-verlieren-1/
Fotografie-Interessierte, Portraitliebhaber, Ur-Berliner, Zugezogene, Berliner im Herzen und alle anderen die sich fragen: Wer sind die Menschen, die zunehmend aus unserem Stadtbild verschwinden.
Weil es die im Buch Porträtierten verdienen, daß man sie im Gedächtnis behält.
Das Geld (pro Exemplar 15 Euro) geht ausschließlich in Druck und Bindung des Buches. Da ich das Buch für jedermann erschwinglich halten möchte (es soll trotz seiner 260 Seiten zum Buchhandelspreis von 24,80 € erscheinen), habe ich, wie schon bei meinen früheren Büchern, die Gestaltung selbst übernommen. Alles in allem benötige ich 8.000 €. Da ich bereits einige Vorbestellungen erhalten habe, fehlen mir noch 5.000 € um das Buch zu realisieren. Jede weitere Unterstützung würde ich in Ausstellungen und Lesungen investieren.
Ich wurde 1963 im Ostberliner Stadtteil Friedrichshain geboren und lebe bis heute hier als Autor, Fotograf und Grafiker. Nach abgeschlossener Berufsausbildung zum Offsetdrucker und einiger Zeit als Gelegenheitsarbeiter (Totengräber, Anstreicher, Paketsortierer …); wurde ich Bibliothekstechnischer Mitarbeiter in der Berliner Stadtbibliothek und hatte erste Ausstellungen als Fotograf. Seit 2010 bin ich Herausgeber des DreckSack – Lesbare Zeitschrift für Literatur, der, wie auch meine ersten eigenen Bücher, in der Edition Lükk Nösens erscheint. Aus dem Buch:
ABSEITS
Während die Jungs sich
gegenseitig auf die Schultern klopften,
lachten und sich dreckige
Witze erzählten, saß ich allein an
meinem Tisch ganz hinten an der Wand.
Ich gehörte nicht dazu. Ich war
zwar täglich da, aber irgend etwas
fehlte mir, was
die anderen besaßen.
Während ich mein
Bier trank, sah ich ihnen zu.
Es waren nette Jungs, so
schien es mir, aus dem
Reichsbahnausbesserungswerk,
NARVA oder irgendeiner
anderen Klitsche,
und sie hatten sogar Frauen.
Während ich allein an
meinem Tisch saß und versuchte
auszusehen, als machte mir
das gar nichts aus.
Weitere Informationen zu meiner Person findet man hier:
http://www.edition-luekk-noesens.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Florian_G%C3%BCnther
Edition Lükk Nösens
www.edition-luekk-noesens.de