Fuchs, Du hast..
Liebe Unterstützer*innen,
ich melde mich mit schwerem Herzen vom Hofhuhn-Projekt. Etwas katastrophales ist passiert: unsere Junghennen hatten „Besuch“ vom Fuchs. Den Nachwuchs dieses Jahres habe ich in zwei Gruppen auf einer Wiese oberhalb des Hofes: einmal die Junghähne und einmal die Junghennen. Geschützt durch Strom und mit der Möglichkeit, durch mobile Zäune einfach frisches Grün dazuzuzäunen, ist das eigentlich ein sehr einfaches und gutes System – solange der Strom fließt.
Vorletzte Nacht floss der Strom offensichtlich nicht und einem Fuchs reichte es nicht, sich ein paar Tiere fürs Abendessen zu holen, sondern am nächsten Tag fanden wir kein einziges lebendes Tier mehr im Gehege: etwa 60 Jungtiere, vor allem Junghennen, haben wir verloren. Für das Projekt ist es eine absolute Katastrophe: die Tiere waren zum großen Teil für die Zucht vorgesehen und mit viel Aufwand als Brutei aus ganz Deutschland und zu einem Großteil sogar Schweden hergebracht, ausgebrütet und aufgezogen worden. Von den etwa 50 Hennen hätte ich ca. 35 für die Zucht nehmen wollen, von denen es fünf geschafft haben, zu den Hähnen zu flüchten – übrig sind in meiner aktuellen Legetruppe der älteren Hennen ebenfalls fünf, die für die Zucht in Frage kommen. Die verlorenen Tiere sind die Kernarbeit dieses Jahres gewesen: die Grundlage dafür, im kommenden Jahr richtig loslegen zu können. Für das Hofhuhn-Projekt bedeutet das, dass ich, nach doch recht vielen Hürden in den letzten anderthalb Jahren, um ein weiteres Jahr zurückgeworfen werde. Ich bin gerade in einem absoluten Schockzustand. Das Momentum nach dem Crowdfunding hatte sich sehr zum Guten gewendet.
Trotz des Rückenwindes war ich mit der Zucht immer noch in einer Startphase: eigenverantwortlich zu arbeiten, statt legereifer Hennen zuzukaufen bedeutet viel Aufwand bevor man überhaupt loslegen kann. Dieses Jahr war die Gruppe der Junghennen die symbolische „eine“ Karte. Die wenigen, wertvollen, aufwändig zusammengesuchten Zuchttiere sind alles was ich habe. Für die Zukunft war natürlich eine breitere Aufstellung das Ziel, der Moment war aber dieser Flaschenhals. Das größte Hindernis, auf das ich in den letzten anderthalb Jahren gestoßen bin, war das Fehlen von Rassehühnern, die auf Leistungsmerkmale selektiert sind. Das klingt zwar erstmal herzlos, ist aber absolut essenziell für ein einigermaßen verlässliches Arbeiten mit ihnen. Nachdem Tiere aus verschiedenen Herkünften immer wieder sehr durchwachsene Ergebnisse gebracht hatten, hatte ich dieses Jahr großes Glück mit Marans-Bruteiern und Küken vom Erdhof in Seewalde und den Silverudds aus Schweden. Sie wuchsen sehr gleichmäßig, zeigten tolle Eigenschaften und machten mir große Hoffnung, dem Ziel näher zu kommen.
Sicherlich ist aber nicht alles verloren. Mit den verbliebenen Tieren kann ich zumindest ein bisschen vermehren und Küken nachziehen: es wird aber hinten und vorne nicht reichen, um die Eierabos zu bedienen. Ich werde im Laufe der kommenden Tage allen Käufern von Eiern schreiben und darum bitten, das Geld zurücküberweisen zu dürfen – alle anderen Dankeschöns werden bedient werden können. Wie es dann weitergeht, werde ich mir noch überlegen müssen. Familiär bedingt steht für meine kleine Tochter, meine Freundin und mich im Herbst wahrscheinlich ein Umzug nach Norddeutschland an. Der ursprüngliche Plan war, dass ich dann die Möglichkeit habe, die Tiere des nächsten Zuchtjahres als richtige Herden auf verschiedene Biobetriebe verteilen zu können und so das Hofhuhn-Projekt auf die nächste Ebene zu heben und breiter aufzustellen. Nun stehe ich mit fast leeren Händen da, muss schauen was das kommende Jahr bringt und welche positive Entwicklung sich aus diesem Schuss vor den Bug entwickelt.
Gerade würde ich am liebsten alles hinschmeißen, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß aber, dass viele Menschen an das Projekt glauben, es mit persönlichen Mitteln unterstützt haben und es genauso mittragen wie ich es trage. Die Feinheiten des Ausmaßes aufzudröseln fällt mir sehr schwer; ich hoffe, dass die Tragweite einigermaßen rübergekommen ist. Für mich persönlich ist es zu allererst der Schock, dass die Tiere mein Weidesystem so sinnlos mit dem Leben haben bezahlen müssen. Ich weiß nicht, wie es hat passieren können und eigentlich bin ich davon überzeugt, dass es das bestmögliche System ist die Tiere zu halten. Gerade ist es aber einfach sehr schwer, die Scherben zusammenzukehren und das Zusammensetzen der Teile aufzunehmen.