Ich möchte meine bisher nur als PDF-Datei verfügbare Doktorarbeit über die Reichshebammenführerin Nanna Conti als Buch veröffentlichen. Meine Rekonstruktion von Leben und Werk Nanna Contis orientiert sich an der Grounded Theorie. Der Fokus liegt hierbei auf den Bedingungen ihres Handelns, Interaktionen zwischen ihr und anderen, Strategien und Taktiken und auf den Konsequenzen ür sie selbst und andere.
Nanna Conti arbeitete seit 1905 in Berlin als Hebamme. Sie war bis 1933 unter den Hebammen umstritten und wurde von politischen Gegnerinnen vehement angegriffen. Mit der Regierungsübernahme durch die NSDAP wurde Nanna Conti zur „Reichshebammenführerin“.
Nanna und ihr Sohn Leonardo Conti, der „Reichsärzte- und -gesundheitsführer“, waren ein sich hervorragend ergänzendes Duo. Während Leonardo seiner Mutter Kontakte in die Ärzteschaft und übergeordneten politischen Ebenen verschaffte, sicherte Nanna Conti ihrem Sohn die Loyalität der Hebammenschaft und propagierte seine rassenbiologischen und eugenischen Vorstellungen.
In Nachrufen 1952 wurde ihr politisches Tun reduziert auf den bis dahin größten hebammenpolitischen Erfolg: Die Verabschiedung des „Reichshebammengesetzes“ 1938, das den deutschen und österreichischen Hebammen das Monopol auf die komplikationslose Entbindung bis heute sichert. Dabei bleibt außen vor, dass mit diesem Gesetz jüdische Hebammen von der Berufsausübung ausgeschlossen wurden und durch die mangelnde Absicherung der niedergelassenen Hebammen deren Stellung im Gesundheitswesen so sehr geschwächt wurde, dass der Beruf der Hausgeburtshebamme fast verschwand.
Auch gerieten die Verdrängung oppositioneller Hebammen, die Beteiligung der an der Eroberung Osteuropas, der Shoah, der Ausbeutung von Zwangsarbeiterinnen und der Sterilisation und Ermordung kranker und behinderter Menschen aus dem Blickfeld. Für all dies trug Nanna Conti als „Reichshebammenführerin“ die politische Verantwortung.
Währenddessen verdrängte der westdeutsche Berufsverband erfolgreich die Erinnerung an das materielle Erbe Nanna Contis und sicherte sich so den Zugriff auf „kontaminiertes“ Vermögen, das die Reichshebammenschaft ihrerzeit den guten Kontakten ihrer Führerin zur „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ und über den „Reichsärzteführer“ und Sohn Nanna Contis, Leonardo Conti, zur Ärzteschaft verdankte.
Die Zielgruppe ist über den fachlich interessierten Kreis aus Hebammenschaft, Medizingeschichte und NS-Geschichte weit gefasst. Eine Biographie bietet auch für ein allgemein interessiertes Publikum einen greifbaren Einblick in die deutsche Geschichte 1933-45.
Die Geschichte der "Reichshebammenführerin" wurde bisher noch nicht erzählt. Sie zeigt exemplarisch, wie sich eine Frau aus bildungsbürgerlichem Haus rechtsextrem radikalisierte, in welchen Kontexten sie agierte und welche Handlungsspielräume sie hatte. Die dabei wirksamen Mechanismen sind auch für die Analyse heutiger Täterinnenbiographien interessant.
Viele Menschen lesen keine Online-Publikationen. Für dieses Publikum möchte ich Nanna Contis Biographie auch als Buch anbieten.
Ich finde die Auseinandersetzung mit Frauen wie Nanna Conti wichtig. Bis heute unterschätzen wir die Bedeutung von Frauen im Rechtsextremismus. Wir gehen davon aus, dass Angehörige der Gesundheitsberufe garantiert ethisch verantwortungsvoll handeln. Die NS-Medizingeschichte sollte uns Anstoß sein, diese Vorstellungen kritisch zu hínterfragen.
Das Geld wird für die Drucklegung der Biographie verwendet. Als ehemalige FES-Stipendiatin und mit dem Gesamtprädikat summa cum laude kann ich in der Schriftenreihe der FES im LIT-Verlag veröffentlichen. Mein akademischer Grad ist davon unberührt.
Wie immer bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen muss ich einen Druckkostenzuschuss bezahlen. Diesen Druckkostenzuschuss versuche ich, über Crowdfunding einzuwerben. Deshalb setze ich auf viele an Medizin-, Hebammen-, Frauen- und NS-Geschichte Interessierte, um diese Biographie als Buch veröffentlichen zu können.
Sollte Geld übrig bleiben, werde ich es dem Verein für die Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse e.V. zur Verfügung stellen. Dort, an der "Führerschule der Deutschen Ärzteschaft" fanden unter Nanna Contis Leitung mehrere Kurse für Hebammen statt. -> www.ebb-alt-rehse.de
Dr. Anja K. Peters, Neubrandenburg